Die Mannigfaltigkeit der Pflanzenwelt in Raum und Zeit zu erforschen ist Aufgabe der systematischen Botanik. Erkennen, Beschreiben, Benennen und Ordnen stellen dabei die wichtigsten Fähigkeiten dar. Diese Erfassung der pflanzlichen Vielfalt ist noch lange nicht abgeschlossen, ganz im Gegenteil unser Wissen ist lückenhaft, die Inventarisierung des Pflanzenreichs noch in vollem Gange. Die systematische Botanik ist eine alte Wissenschaft, im Italien der Renaissance hat sie ihre Wurzeln. Damals entstanden die ersten Herbarien und Botanischen Gärten. Die späte Barokzeit brachte eine erste Blütezeit, als der schwedische Naturforscher Linné praktische Ordnungsprinzipien für die Gliederung des Pflanzenreichs in Gruppen einführte und die Benennung der Pflanzen stark vereinfachte. Verbesserte wissenschaftliche Geräte, wachsende Kenntnis der Flora anderer Kontinente und revolutionäre Ideen, wie Darwins Vorstellungen von der Evolution der Organismen, brachten im 19. Jahrhundert eine ganz wesentliche Wissenserweiterung. Eine zweite Blüte erlebte die systematische Botanik um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert, als in London, Paris und Berlin vielbändige Werke mit dem ehrgeizigen Ziel erschienen, die gesamte damals bekannte Mannigfaltigkeit des Pflanzenreichs umfassend darzustellen. Trotz zweimaliger Unterbrechung durch Weltkriege brachte das 20. Jahrhundert eine bisher ungeahnte Vervielfachung unserer Kenntnisse; Mendels Konzept der Vererbung, Morgans Konzept der Chromosomen, Besseys Konzept der Ursprünglichkeit hatten dabei grundlegenden Einfluß. Die Elektronenmikroskopie, neue zytologische, genetische und biochemische Methoden eröffneten der systematischen Botanik noch nie betretene Wege. Die zunehmende Erforschung vieler tropischer Gebiete bereicherte ebenfalls unser Wissen, doch bleibt unendlich viel zu tun.
Die in Berlin tätigen Wissenschaftler haben im Laufe der Jahrhunderte wesentliche Beiträge zur Erforschung der Mannigfaltigkeit des Pflanzenreichs geliefert, ihre Leistungen trugen dieser Stadt zu Recht den Ruf eines Mekkas der Botanik ein. Zum Königlichen Botanischen Garten und Museum in Schöneberg bei Berlin und seiner Nachfolgeinstitution in Berlin Dahlem unterhielen alle in Berlin tätigen Botaniker mehr oder minder enge Beziehungen, ja sie bildeten das grüne Herz der Stadt. Selbst Privatgelehrte wie Alexander von Humboldt und Georg Schweinfurth übergaben ihre Sammlungen dieser Institution. Der Bogen der in Berlin betriebenen botanischen Untersuchungen reicht weit von Willdenows Beschreibung damals noch unbekannter, im Botanischen Garten kultivierten Blütenpflanzen bis zu Diels' Studien zur Vegetation Westaustraliens, von Brauns Untersuchungen an Armleuchteralgen bis zu der von Eichler und Urban herausgegebenen Flora Brasiliensis. Die derzeit in dieser Institution tätigen Wissenschaftler setzen diese große Tradition mit Forschungsprojekten in allen fünf Kontinenten fort. |