Ein Geschenk aus Kasachstan
Bis vor kurzem war man der Meinung, daß Kultur-Äpfel das Ergebnis von Bastardierungen kaukasischer und westasiatischer Äpfel sind. Einigkeit bestand darüber, daß der in Mitteleuropa beheimatete Holzapfel (Malus sylvestris) die Stammpflanze minderwertiger Mostäpfel ist und nur einen geringen erblichen Anteil am Kultur-Apfel besitzt. In den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts machte erstmals der russische Wissenschaftler N. I. Vavilov (1887-1943) auf die große Mannigfaltigkeit von "wilden" Apfel-Arten aufmerksam, die zwischen dem Kaukasus und Mittelasien verbreitet sind. Ende der 90er Jahre unternahmen Wissenschaftler der Universität Oxford (UK) eine Expedition nach Mittelasien. Von Alma-Ata (d.h. Stadt der Äpfel ) durchquerten sie das östliche Kasachstan, eine Steppenlandschaft, die durch eine tausendjährige Nomadenkultur geprägt und zerstört ist. Im Gebiet des Dsungarischen Alatau, einem nördlichen Ausläufer des Tienschan, stieß die Expedition am Ili-Fluß endlich auf Restbestände fast ursprünglicher Wälder. In ihnen fanden sich u.a. Birnen-, Pflaumen-, Pfirsich-, Aprikosen- und Apfelbäume. Fast alle trugen sehr kleine Früchte. Doch erstaunlicherweise wurden auch Äpfelbäume entdeckt, deren Früchte in Größe und Geschmack denen unserer Kultursorten sehr ähnlich sind. Die Molekularanalyse in Oxford erbrachte den überraschenden Beweis, daß die modernen Äpfel in den untersuchten Markern völlig dem in Kasachstan gesammelten Malus sieversii entsprechen. Die Hybridtheorie von der Entstehung der Kultur-Äpfel war somit als falsch erwiesen. |