Sonderausstellung 2001: Äpfel – Mythos, Eros, Wissenschaft

Zwar werden Äpfel in Mitteleuropa schon seit vielen Jahrhunderten gepflanzt, ihren Höhepunkt erreichten Apfelkultur und Apfelzucht erst im frühen neunzehnten Jahrhundert. Damals kam es in Mode, zahlreiche Sorten zu kultivieren, was zu einer Explosion an Sortennamen, Obstbauzeitschriften und Obstbauvereinen führte. Der Thüringer Pfarrer und Pomologe Johann Volkmar Sickler (1742-1820) war einer der führenden Obstspezialisten. Nachdem er in Weimar bereits die Zeitschrift Der teutsche Obstgärtner (1794-1804) herausgegeben hatte, war er maßgeblich an der Nachfolgezeitschrift Allgemeines Teutsches Garten-Magazin (1804-1817) beteiligt. Als Abbildungsmaterial dienten illuminierte Kupferstiche. Ergänzt wurden sie durch ausführliche Beschreibungen sowie Einschätzungen des Ertrages der gebräuchlichsten einheimischen und ausländischen Obstsorten. Der rote Klapper-Apfel mit leuchtendem Kolorit und perfekt gemalter Oberflächenstruktur ist ein sehr gelungenes Beispiel für eine damalige Zeitschriften-Illustration.

Der rothe Klapper-Apfel
Kupferstich, illuminiert mit Wasserfarben und Deckweiß
Blatt: 24 x 20,4 cm, Platte: 23 x 18 cm
Aus: Allgemeines Teutsches Gartenmagazin 6. Jg Heft I, Taf. 3 4°
Verlag des Landes-Industrie-Comtoirs 1809, Weimar.
Bibliothek BGBM


Um Apfelsorten zu dokumentieren wurden nicht nur Illustratoren beauftragt, sondern auch Modellbauer. Aus den verschiedensten Materialien - aus Wachs, Gips, Papiermaché, Holz - fertigten sie maßstabgetreue Apfelmodelle an, die von ihren Vorbildern nicht zu unterscheiden sind.

Nie wurde irgendwo eine auch nur annähernd vergleichbare Zahl an Apfelmodellen gezeigt wie in den kommenden vier Monaten im Botanischen Museum Berlin-Dahlem. Sie stammen aus dem Naturhistorischen Museum der Benediktinerabtei Admont, dem Moravské Muzeum Brno, dem Deutschen Gartenbaumuseum Erfurt und dem Museum der Natur Gotha. Viele haben an der Herstellung dieser Modelle mitgewirkt: in Brno schnitzte Josef Rulisek Äpfel aus Lindenholz, in Olbernhau im Erzgebirge überzog Walter Dürfeld Papiermaché mit Gips, in Gröbming in der Steiermark bossierte Pater Constantin Keller Äpfel aus Wachs, in Weimar bemalte Christiane Vulpius Hohlformen aus Wachs für die Manufaktur Bertuch.


Aechter Gelber Stettiner
Sammlung Pater Keller
Hersteller: Pater Constantin Keller (1778-1864), Gröbming [Steiermark],
1815-1840. Material: Wachs, Hohlkörper, Stiele und Blüten echt.
Stift Admont, Naturhistorisches Museum, Collection Strobl.



Kleiner Jungfernapfel
Pomologisches Kabinett von F. J. Bertuch
Hersteller: Manufaktur Bertuch nach Angaben von J.V. Sickler (1741-1820),
Bemalung Christiane Vulpius, Weimar, 1795-1804.
Material: Wachs, Hohlkörper.
Museum der Natur Gotha.



Bunter Prager
Arnoldis Obstkabinett
Hersteller: Heinrich Arnoldi (1813-1882),
Gotha, 1856-1897.
Material: Pappmaché mit Gips überzogen, bemalt und gewachst, Hohlkörper.
Museum der Natur Gotha.



Edel Borsdorfer
Sammlung Rulisek
Hersteller: Josef Rulišek (1867-1944),
Kraliky [Nordmähren] und Brno [Brünn], 1920-1930.
Material: Lindenholz, Vollkörper. Moravské
Museum Brno.



London Pepping
Dürfelds Obstmodelle
Hersteller: Viktor Dürfeld,
Olbernhau [Erzgebirge], 1885-1915.
Material: Pappmaché mit Gips überzogen, bemalt und gewachst.
Stiftung Deutsches Gartenbaumuseum Erfurt.

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© Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin
Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 18. August 2010
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