Die Wiederentdeckung der griechischen Pflanzenwelt Angeregt von der Beschäftigung mit dem klassischen Altertum zu Beginn des 18. Jh. wurde in den englischen Landschaftsgärten die Verwendung klassischer Bildersprachen und Formen durch Persönlichkeiten wie Pope, Burlington und Kent eingeführt. Obwohl die Gusto Greco-Bewegung hauptsächlich Kunst und Archäologie erfaßte, nahm sie im Laufe des 18.Jh. auch Einfluß auf die Naturwissenschaften. Die "Society of Dilettanti" entstand, um die Klassik in Großbritannien wiederzubeleben sowie um Forschung und die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse zu fördern. Während des ganzen Jahrhunderts gehörte die Grand Tour zum guten Ton. Die "jungen Herren aus gutem Hause" reisten nach Italien, einige wenige schafften sogar den Weg bis ins heutige Griechenland, damals eine westliche Provinz des osmanischen Reiches. Zwei wichtige Expeditionen fanden zwischen 1785-1798 statt, unternommen von John Sibthorp (1758-1796), Professor der Botanik an der Universität Oxford, seinem Freund und Geologen John Hawkins (1761-1841) sowie dem Illustrator Ferdinand Bauer (1760-1826). Sie haben die Levante durchreist und viele Pflanzen gesammelt. Sibthorp und Hawkins waren hervorragende Naturwissenschaftler und Kenner der Antike, beherrschten Griechisch und Latein. Auf ihren Expeditionen gingen sie nicht nur ihren naturwissenschaftlichen Interessen nach, sondern sie wollten sich auch den Traum erfüllen, an der Wiedergeburt der Antike, dem - Greek Revival mitzuwirken. 1784 schreibt Sibthorp an Hawkins: "Die Pflanzenwelt
Griechenlands ist bis jetzt fast unerforscht. Ich glaube, es wird mir
gelingen, den Unsinn des Dioskorides aufzuklären". Sibthorps
Bemerkungen weisen auf seine Kenntnis des zeitgenössischen und
des klassischen Griechisch hin. Er wollte die damals geläufigen
griechischen Pflanzennamen kennenlernen, um sie mit den klassischen
griechischen bzw. byzantinischen zu vergleichen. Außer Bauers sorgfältigen Graphitstiftzeichnungen und Sibthorps Notizen kamen Samen und getrocknete Pflanzen nach England. Im Physic Garden der Universität von Oxford wurde eine "Griechenland geweihte Plantage" angelegt, weitere Samen kamen in den Botanischen Garten von Kew bei London. Sibthorps zweite Expedition erwies sich als Mißerfolg. Er reiste krank ab und kam todkrank nach England zurück. Seine botanischen Sammlungen waren, verglichen mit denen der ersten Expedition, bescheiden. 1796 verstarb Sibthorp kurz nach seiner Rückkehr. In kluger Voraussicht hatte er akribisch die Vollendung seines Projektes geplant. Er vererbte einen seiner Landsitze der Universität von Oxford unter der Bedingung, daß die Pachtverträge zur Veröffentlichung seines geplanten Werkes verwendet werden sollten. Dazu schrieb er: "Die Veröffentlichung, für die ich schon die zugehörigen Materialien gesammelt habe, hat den Titel Flora Graeciae zu tragen. Dieses Werk muß aus zehn Folio Bände bestehen und jeder Band hat hundert Tafeln zu enthalten...". Sibthorp hat sein Leben der Erforschung der griechischen Pflanzenwelt geopfert, ein beeindruckendes Beispiel für die Leidenschaft, mit der man der Antike im Großbritannien des 18. Jh. huldigte. Ein klassizistisches Denkmal für Sibthorp in Bath Abbey zeigt ihn in griechischer Kleidung mit Blüten in der Hand. Jahrzehnte mußten vergehen und viel Arbeit war nötig, um Sibthorps Flora Graeca Projekt zu vollenden. Damit entstand ein bedeutender Beitrag zur Kenntnis der Pflanzenwelt des Mittelmeerraumes und ein Werk von atemberaubender Schönheit, nicht zuletzt durch Bauers einzigartige Wasserfarbenmalereien. <<< Übersicht | Durch die Ausstellung >>> |