Sonderausstellung 2002 - Die Pflanzenwelt im antiken Griechenland

Die Nutztiere

So wie das Gebiet des "Fruchtbaren Halbmonds" mit der weltweit größten Vielfalt großsamiger Wildgräser gesegnet ist, besitzt Eurasien allgemein die größte Vielfalt von großen pflanzen- oder allesfressende Säugetieren. Unter 72 potentiellen Nutztierarten (gegenüber 51 in Afrika und nur 24 in Amerika) fanden schon die Steinzeitmenschen gerade die vier, welche ideale Eigenschaften hatten und bis heute, neben dem Hund, unangefochten die weltweit wertvollsten Nutztiere sind.

Für ein wertvolles Nutztier sind folgende Eigenschaften erforderlich:

  • keine unbeherrschbare Aggressivität,
  • Herdentiere mit strenger sozialer Ordnung und einem Instinkt, dem Leittier zu folgen,
  • als Fluchtreaktion bei Panik Zusammendrängen statt haltlosem Auseinanderrennen,
  • Bereitschaft, sich unkompliziert in Gefangenschaft fortzupflanzen, keine Verteidigung von Territorien,
  • unkomplizierte, effiziente Ernährung,
  • schnelles Wachstum.

In Afrika fand selbst die moderne Viehzucht kein Tier, das diese Anforderungen erfüllt, in Amerika nur das Lama. Im Vorderen Orient wurden schon vor 10000 bis 8000 Jahren in mehreren benachbarten Regionen die "großen Vier" zu Nutztieren gemacht. Sie lieferten nicht nur Fleisch, sondern waren auch unschätzbare Tragetiere bei der Ausbreitung der Ackerbaukulturen nach Griechenland und in andere Regionen.

       Das Schwein, Sus scrofa domesticus:
Das Schwarzwild Eurasiens hat ein Sozialverhalten, das für menschliche Zwecke unübertrefflich ist. Schweine haben ein großes Anschlußbedürfnis und neigen von allein dazu, in menschlicher Nähe zu bleiben, ohne Kontrolle zu benötigen. In vielen Teilen der Welt ist zwischen wilden und Hausschweinen kaum zu unterscheiden. Schweine harmonieren so gut mit dem Menschen, daß mancherorts Menschenfrauen Ferkel an der Brust nähren. Dennoch standen die menschlichen Züchter zunächst vor der Herausforderung, die Aggressivität von Muttersauen und Keilern wegzüchten.
Für die frühen Ackerbauern war unschätzbar, daß man die Schweine zur Waldweidewirtschaft nur zwischen die Bäume treiben muß, wo sie sich an der riesigen, sonst kaum nutzbaren Ressource der Eicheln und Bucheckern mästen.
Die Fruchtbarkeit der Schweine ist daran angepaßt, daß in der Wildnis die Hälfte der Ferkel die erstens sechs Monate nicht überlebt - ein weiterer Faktor, der dem Menschen zum Vorteil gereicht.

       Die Ziege, Capra aegagrus hircus:
Ihre Wildform ist die Bezoarziege, eine nahe Verwandte des Steinbocks, die aber Buschland statt felsigem Hochgebirge bevorzugt. Wie das Schwein die Waldfrüchte zu nutzen vermag, so ernährt sich die Ziege mit Vorliebe von sonst "nutzlosem" Laub. Ihre Geselligkeit auch mit dem Menschen gleicht die Unmöglichkeit aus, sie einzuhegen - Steinböcke sind dafür bekannt, vier Meter hohe Zäune zu überwinden. In der Regel fällt es aber selbst Wildziegen in Menschenobhut gar nicht ein, das vertraute Heim zu verlassen.

       Das Schaf, Ovis ammon aries:
Die genügsamen Schafe weiden einfach alles - selbst diverse giftige Pflanzen wie die Tollkirsche. Angenehm für Züchter sind sie, weil das Kampfverhalten der Böcke zu nichts anderem als dem unblutigen Kampf mit anderen Böcken taugt. Bei manchen Wildschafen verhalten sich die jungen, rangniederen und besiegten Böcke wie Weibchen und können so ohne Kämpfe im rudel verbleiben. Die Gewinnung von Wolle trat erst spät auf, als durch die Zuchtwahl die groben Grannenhaare des Schafsfells verschwanden und die Flaumhaare stark zunahmen.

       Das Rind, Bos primigenius taurus:
Das Wildrind oder Auerochse, das seit dem 17. Jahrhundert ausgestorben ist, wurde in Eurasien mindestens zweimal unabhängig domestiziert, dazu noch fünf enge Verwandte. die erste Domestizierung jedoch erfolgte vor 8000 Jahren in der südlichen Türkei. Die immense Kraft und Wildheit der Stiere ließ die Domestizierung erst zwei Jahrtausende nach Ziege, Schaf und Rind Erfolg haben. Nach manchen Auffassungen begann sie mit dem Fang von Wildrindern zu kultischen Zwecken. Von Wildrindern wie dem Gaur weiß man, daß sie mit anderen Tierarten friedlich auskommen, sogar in lockerer Gemeinschaft leben.
Die Fähigkeit des Rindes, große Lasten zu tragen und Pflüge zu ziehen, gab der Ackerbauernkultur eine völlig neue Dimension. Viel jünger ist die Zuchtwahl, durch die die Kuh das ganze Jahr hindurch Milch liefert. Dadurch erst wurde die Milchproduktion wichtiger als die Fleischproduktion.

       Das Pferd, Equus caballus domesticus:
Das edelste der Nutztiere zählt nicht zu den ursprünglichen Vier; es wurde erst viel später, vor ca. 6000 Jahren in den russischen Steppen domestiziert. In den alten Kulturen des Nahen Ostens und östlichen Mittelmeers war es kostbarer Herrschaftsbesitz; nach einem geflügelten Wort waren die Pferde-Streitwagen die Panzer der Bronzezeit.

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© Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin
Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 18. August 2010
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