Sonderausstellung 2004 - Victoria & Co. in Berlin

England 1849 – Wettlauf um eine Königin

William Spencer Cavendish, 6th Duke of Devonshire (1790–1858). Porträt von Sir Thomas Lawrence, 1811.

John Lindleys wissenschaftliche Beschreibung der Victoria regia (= V. amazonica) von 1837 löste in England Faszination aus. So schnell wie möglich sollte die “giant waterlily” auch in heimischen Gewächshäusern erblühen. Die Kultur exotischer Pflanzen in beheizten Glashäusern war für die oberen Gesellschaftsschichten ein besonders attraktives, weil kostspieliges Statussymbol. Um das Prestige der Erstkultivierung von Victoria amazonica wetteiferten deshalb der Royal Botanic Garden in Kew mit dem vermögenden Pflanzenliebhaber William Spencer Cavendish, 6th Duke of Devonshire.

Jahrelang experimentierte man vergeblich mit getrockneten Wurzeln und Samen und dem Transport von Jungpflanzen in Wardschen Kästen. Erst im Jahr 1846 zog Kew aus lehmverpackten Samen zwei Pflanzen, die aber im jungen Stadium wieder eingingen. Eine in destilliertes Wasser eingelegte Samensendung der beiden Ärzte Rodie und Luckie brachte drei Jahre später den Durchbruch: in Kew Gardens wuchsen über 50 gesunde Jungpflanzen heran, die Direktor Sir William Jackson Hooker voll Sportsgeist an anerkannte Züchter verteilte.

Schnitt durch das Victoriahaus von Joseph Paxton in Chatsworth 1849.

Königin Victoria von England (1837–1901).

Im August 1849 übernahm auch Joseph Paxton, Obergärtner des 6th Duke of Devonshire, eine Jungpflanze. Nachdem er gerade einen gärtnerischen Wettstreit um die erste Blüte von Amherstia nobilis verloren hatte, war er hochmotiviert, mit Victoria amazonica endlich einen Erfolg zu erzielen. Einige Monate zuvor hatte er bereits im Großen Gewächshaus von Chatsworth einen beheizbaren Wassertank aufstellen lassen, 12 Fuß lang und breit, und 3 ½ Fuß tief, von gewöhnlichem Holze, das mit Zink beschlagen worden. In dieses Bassin, dessen Wasser durch ein Rädchen in steter Bewegung gehalten wurde, pflanzte er die Jungpflanze ein. Im Oktober maßen die Blätter bereits vier Fuß im Durchmesser. Am 1. November erschien eine Knospe, die am Abend des 8. November weiß erblühte. Neben Experten wie Hooker und Lindley eilte auch die Presse nach Chatsworth, um die Wunderblume des Duke of Devonshire zu bestaunen. Zwei Knospen schickte Paxton zusammen mit einem Blatt direkt an Queen Victoria, die Namenspatronin der Pflanze. Der Duke of Devonshire hatte den Wettlauf gegen Kew triumphal gewonnen.

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Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 08. January 2007
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