Das Universum im Mikroskop – Biodiversität und Ästhetik der Diatomeen Galerieausstellung im Botanischen Museum
Berlin-Dahlem 12. März bis 1. Juni 2009 |
Diatomeen sind einzellige Kieselalgen. Sie können, da sie kleiner als 1 mm groß sind, nur mit Hilfe eines Mikroskopes gesehen werden. Sie leben in großer Zahl in Seen, Flüssen und Meeren und besiedeln selbst kleinste feuchte Lebensräume wie Baumrinden. Die Zahl der Diatomeenarten, ihre Biodiversität, wird heute auf etwa 1 Millionen geschätzt; 20 000 sind erst beschrieben. Die ökologische Bedeutung dieser Artengruppe ist enorm, werden ihr doch etwa 25 % der Sauerstoffproduktuktion der Welt zugerechnet. Aber nicht nur diese wissenschaftlichen Tatsachen machen sie zu einem interessanten Beobachtungsobjekt: Ihre gläsernen Schalen sind von unvergleichlicher Schönheit. Sie faszinieren durch ihre ausgeprägte Symmetrie. Schon im 19. Jahrhundert waren Diatomeen gesuchte Beobachtungsobjekte von (vielen) Amateuren und (wenigen) Wissenschaftlern. Die Präparation und das Arrangement dieser kleinsten Algen zu Reihen, Kreisen oder anderen, kunstvollen Formen war eine Domäne der Amateure. Johann Dietrich Möller (1844-1907) beherrschte die Kunst, Diatomeen zu legen in Perfektion. Er trieb mit den Präparaten einen einträglichen Handel, legte aber zugleich großen Wert auf die Veröffentlichung seiner Arbeiten in Fachkreisen. Das größte Präparat dieser Art ist das „Universum“ J. D. Möllers von 1891. Auf einem Objektträger wurden auf einer Fläche von 5x6 mm über 4000 verschiedene Diatomeenarten in Reihen gelegt. Ein gedruckter Katalog bezeichnete jede Diatomeenart mit ihrer exakten Position. Die Ausstellung zeigt eine Vielzahl weiterer Präparate aus dem 19. Jahrhundert in modernen Mikrofotografien, in denen die Biodiversität der Diatomeen nach unterschiedlichen systematischen und geografischen Kriterien oder um der Ästhetik willen arrangiert wurden. Die Ausstellung gibt darüber hinaus einen Einblick in die komplexe Herstellungstechnik dieser historischen Präparate. Ein Einblick in die aktuelle Systematik der Diatomeen auf der Basis molekularbiologischer Forschungsergebnisse und illustriert mit elektronenmikroskopischen Fotografien schlägt die Brücke vom „Universum“ des 19. Jahrhunderts in die heutige Zeit. Die Ästhetik, die Schönheit der Arrangements bedarf dieses Brückenschlages nicht: Sie ist zeitlos.
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