Ein Teil von Haus L ist Pflanzen der Südhalbkugel unserer Erde gewidmet, der andere Teil (am Ausgang zu Haus M) den insektenfangenden Pflanzen (Insektivoren). Im Gegensatz zu den großen Landmassen der nördlichen Halbkugel (Eurasien, Nordamerika) sind die gemäßigten bis subtropischen Gebiete auf der südlichen Halbkugel kleiner und durch die Ozeane weit voneinander getrennt (Australien / Neuseeland, südliches Afrika, südliches Südamerika). In diesen Gebieten haben sich im Laufe der erdgeschichtlichen Entwicklung eigenständige, besonders in Australien und im südlichen Afrika sehr reichhaltige Floren entwickelt, welche in der Literatur als Florenreiche Australis", Capensis" und Antarktis" oder Holantarktis" bezeichnet werden. Von den vorwiegend südhemisphärischen Familien Proteaceae, Restionaceae und Stylidiaceae sind mehrere Arten in Haus L vorhanden, während die ebenso typischen Araucariaceae mit der Gattung Araucaria aus Platzgründen nur in Haus Pb vertreten sind. Die Gattungen Aristotelia, Araucaria, Griselinia, Hebe, Luzuriaga und Selliera und kommen in Neuseeland und Südamerika, nicht aber in Afrika vor. Die Restionaceae sind dagegen nur in Australien und Südafrika, nicht aber in Südamerika verbreitet. Sie nehmen in der natürlichen Vegetation etwa die Stellung ein, die bei uns den Binsengewächsen zukommt. Elegia capensis wächst an feuchten Stellen. Sie sieht wie die verwandte Gattungen Leptocarpus und Restio den Schachtelhalmen täuschend ähnlich.
Beispiele für Familien des australischen Florenreichs sind z. B. die Grasbaumgewächse (Xanthorrhoeacae), hier mit Xanthorrhoea preissii, einem Grasbaum, der gerade hier erst langsam zur Stammbildung übergeht, aber schon regelmäßig zur Blüte kommt. Die heidekrautartigen Epacridaceae mit der Gattung Epacris und die Myoporaceae mit der Gattung Myoporum sind in Haus L ebenfalls vorhanden. Aus dem australischen Florenreich stammen die Proteaceen-Gattungen Banksia, Hakea und Isopogon. Das holantarktische Florenreich schließt die Südspitze Südamerikas. Die dort verbreiteten Gattungen Crinodendron, Lapageria und Luzuriaga aus den subantarktischen Wäldern sind hier vertreten. Die Winterrinde, Drimys winteri, ist ein kleiner Baum, dessen Name an eine der frühen Weltumsegelungen erinnert. 1578 nutzte Kapitän William Winter die Rinde dieses Baumes mit Erfolg gegen Skorbut (Vitaminmangel) der Matrosen. Weitere bemerkenswerte Pflanzen in Haus L sind seltene und in der Natur bedrohte Arten wie Freylinia visseri aus Südafrika und mit seinen kohlartigen Blättern besonders auffällig der Korbblütler Dendroseris litoralis von den Juan Fernandez Inseln (Chile). Wildarten der artenreichen und als Zierpflanzen beliebten Gattung Fuchsia sind hier Fuchsia boliviana mit langen, hängenden, roten Kolibriblumen, die von Mittelchile bis nach Feuerland verbreitete Fuchsia magellanica und die kleinblütige Fuchsia lycioides. Das Nachtschattengewächs Fabiana imbricata erinnert in Beblätterung und Blüte an ein Heidekraut, sehr unscheinbar rutenstrauchartige ist Fabiana patagonica aus den Steppen Patagoniens. Durch ihren parfümartigen, angenehmen Duft fällt zur Blütezeit im Sommer Verbena illapelina aus Chile auf. Der überraschend große, strauchförmige Riesen-Sauerklee (Oxalis gigantea) ist dank seiner Blätter und Blüten gut als Vertreter der Familie der Sauerkleegewächse erkennbar. In der Natur stehen die Pflanzen allerdings während monate- bis jahrelanger Trockenheit fast gänzlich blattlos da. Bemerkenswert sind im Australien-Teil des Hauses noch Pflanzen der Grasgattung Spinifex, die hier gelegentlich ihre kopfigen und verdornenden Blüten- und Fruchtstände zeigen. In Wechselausstellung werden hinsichtlich der Blattformen interessante Pflanzen der Gattungen Hakea und Acacia gezeigt, die ebenfalls als Doppelgänger gelten können. Insektivoren (Mittelbeet, Seitenbeet und Vitrine am Eingang zu Haus
M) sind das zweite Hauptthema des Hauses L. Tierfangende Pflanzen gibt es in verschiedenen Pflanzenfamilien und sie unterscheiden sich auch in der Art des Fangmechanismus. Das Taublatt (Drosophyllum lusitanicum) aus Portugal und Marokko hat passive Klebefallen, während die Fettkräuter (Pinguicula) und besonders die Sonnentau-Arten (Drosera) aktive Klebefallen besitzen. Die Beute wird durch Honigduft und glitzernde Schleimtröpfchen angelockt, bleibt an Tentakeln kleben und wird durch Einkrümmungsbewegung der Tentakel den Verdauungsdrüsen angenähert. Mit Hilfe von Enzymen wird die Beute schließlich verdaut. Die Sonnentau-Art mit den größten Blättern ist Drosera regia aus Südafrika. Kleinere und zum Teil winzige Sonnentau-Arten aus Australien stehen in der Vitrine. Besonders interessant sind die völlig anders funktionierenden Klappfallen der Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula), die ebenfalls zur Familie der Sonnentaugewächse gehört. Der Klappmechanismus mit rascher Schließbewegung der zwei Blatthälften wird bei mehrfacher Berührung von Fühlborsten ausgelöst. Bei den Kessel- oder Grubenfallen von Cephalotus und bei Sarracenia werden Insekten durch Nektar am Kesselrand angelockt. Nach dem Ausrutschen auf den glatten Oberflächen an Rand und Innenwand des Kessels und dem Ertrinken des Beutetieres in der Flüssigkeit am Kesselgrund kommt es zur Verdauung durch Enzyme, bei Darlingtonia und Heliamphora jedoch durch bakterielle Zersetzung. Bei Sarracenia psittacina kann man von einer Reusenfalle sprechen, da im Innern des schlauchförmigen Blattes die nach unten gerichteten Borstenhaare in der Röhre ein Zurückkriechen zum Ausgang unmöglich machen. Die Familie der Cephalotaceae aus Australien besteht nur aus einer einzigen, insectivoren Art (Cephalotus follicularis), während die amerikanischen Saraceniaceen mit den Gattungen Sarracenia, Darlingtonia aus Nordamerika und Heliamphora aus dem nördlichen Südamerika artenreicher sind. Die größte Gattung mit tierfangenden Pflanzen ist die
Lentibulariaceen-Gattung Utricularia (Wasserschlauch) mit
landbewohnenden Arten von überrieselten Standorten (in der
Vitrine) und submersen (untergetauchten) Wasserpflanzen, deren Kultur
schwierig ist. An ihren Blättern sitzen Fangblasen; eine Falltür
wird durch Berührung von Sinneshaaren ausgelöst, und die
Beute, z. B. vorbeischwimmende Kleinkrebse, werden durch den
Unterdruck im Inneren der Blase eingesaugt. Die Verdauung geschieht
auch hier durch Enzyme. |