Sonderausstellung 1998 - Die grüne Schatzkammer der Freien Universität Berlin

Von den Kryptogamen

Carl von Linné (1707-1778) nannte sie diejenigen, "die im Verborgenen heiraten". Gemeint sind damit die Kryptogamen, deren Fortpflanzungsorgane dem bloßen Auge verborgen sind. Dieser Begriff wurde 1735 von Linné zur Bezeichnung der blütenlosen Pflanzen, Algen, Pilze, Flechten, Moose und Farne eingeführt. Ihnen stehen die Phanerogamen, die Blütenpflanzen gegenüber.

Allein unter den Algen finden wir eine beeindruckende Vielfalt, die von mikroskopisch kleinen Organismen bis zu 50 Meter langen Seetangen reicht. Dieser Vielfalt entspricht auch eine vielfältige Forschung, die im Botanischen Museum Berlin-Dahlem über viele Jahrzente durchgeführt wurde und wird. Sie wird im Folgenden an zwei Beispielen vorgestellt:

  • Das Saprobiensystem von Kolkwitz und Marsson
  • Dünnschichtchromatographie in der Flechtenforschung

Das Saprobiensystem von Kolkwitz und Marsson
[Foto: Präparatemappe]
Präparatemappe von M. Marsson. Diatomeen, um 1900 (Herbarium, BGBM).

Nachdem bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts ausführliche mikroskopische Studien des Wassers vorgenommen worden waren, begannen R. Kolkwitz und M. Marsson um 1900 mit systematischen Untersuchungen von Trink- und Abwasser für die Königliche Prüfungsanstalt für Wasserversorgung und Abwässerbeseitigung in Berlin. Sie entwarfen Grundsätze für die biologische Beurteilung des Wassers nach seiner Flora und Fauna, für eine "Ökologie der Saprobien" , sowie Methoden und Instrumente zu deren Nachweis. Das von ihnen aufgestellte Saprobiensystem dient auch heute noch als Grundlage für die Untersuchung und Bewertung von Gewässern in der Wasserwirtschaft sowie im Natur- und Umweltschutz.

Wo sich viele organische, zersetzungsfähige Substanzen im Wasser finden, wird stets auch eine reichliche Entwicklung von Organismen angetroffen, denen diese Stoffe als Nahrung dienen. Als Saprobien bezeichnet man pflanzliche und tierische Abwasserorganismen, die in ihrer Zusammensetzung für die Beurteilung der Selbstreinigungskraft von Gewässern von Bedeutung sind. Hierzu gehören Bakterien, Pilze, Algen sowie tierische Ein- und Mehrzeller. Unter diesen finden sich typische sogenannte Leitorganismen, welche die Stärke der Verunreinigung anzeigen und für eine Klassifizierung der untersuchten Gewässer herangezogen werden.

Die von Marsson gesammelten Proben und die daraus angefertigten mikroskopischen Präparate befinden sich im Botanischen Museum Berlin-Dahlem.


Dünnschichtchromatographie in der Flechtenforschung

[Foto: Flechte]Bei den Flechten handelt es sich um zwei unabhängige Organismen, eine Alge und einen Pilz, die in enger Lebensgemeinschaft, einer Symbiose, leben. Beide sind zwar prinzipiell auch allein lebensfähig, ihre charakteristische Form und ihre speziellen Eigenschaften erhalten sie jedoch erst im Zusammenleben. Während der Pilz den Großteil des Flechtenkörpers bildet, sind die Algen meist dicht unter der Oberfläche eingelagert, um genug Licht für die Photosynthese zu erhalten.

Im Umweltschutz wird die Bioindikation anhand von Flechten zur Bestimmung der Luftverschmutzung eingesetzt. Viele Flechten reagieren sehr empfindlich auf Luftverunreinigungen durch unterschiedlichste Schadstoffe und ermöglichen so, aufgrund ihrer An- bzw. Abwesenheit im entsprechenden Gebiet Rückschlüsse auf die Luftqualität.

Flechten haben auch aufgrund ihrer oft geringen Größe, weniger auffällige Unterscheidungsmerkmale als die Blütenpflanzen. Ihre systematische Unterscheidung erfolgt daher zusätzlich aufgrund von Inhaltsstoffen mit Hilfe der chromatographischen Analyse.

Foto links: Cladina dendroides (des Abb.) Ahti. und Cladina confusa (Sant.) Folm. & Ahti. Gesammelt von H. Sipman im Jahre 1990 am Cerro Guaiquinima, Venezuela (Herbarium, BGBM).

Bei der chromatographischen Analyse werden zunächst die Inhaltsstoffe der zu untersuchenden Flechte extrahiert und anschließend am unteren Rand einer Chromatographieplatte aufgetragen. Die einzelnen Stoffe werden aufgrund unterschiedlicher Fließgeschwindigkeiten beim Durchtränken der Platte aufgetrennt. Jede Art besitzt ihr spezifisches chemisches Muster, das sie eindeutig charakterisiert und das auf der Chromatographieplatte abgebildet wird.

[Foto: Dünnschicht-ChromatographieMitarbeiter der Zentraleinrichtung Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem arbeiten innerhalb des internationalen Projektes `Flora of the Guianas´ an der Erforschung der Flechtenflora von Guyana, Surinam und Französisch Guyana. In den westlichen Gebirgsregionen werden auf karg bewachsenen Sandsteinflächen Rentierflechten angetroffen, die sich optisch nur in der Farbe unterscheiden. Die chromatographische Analyse zeigt aber, daß bei den oben abgebildeten Flechten zwei verschiedene chemische Muster und somit zwei unterschiedliche Arten vorliegen.

Foto rechts: Dünnschicht-chromatographisch getrennte Flechtenstoffe Cladina confusa (gelb markiert) und C. dendroides (rot markiert). Flechtenstoffsammlung, BGBM.

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© Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin
Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 18. August 2010
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