Sonderausstellung 2000 - Die Welt in einem Garten

Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien

  • Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien
  • Perubalsam - Brechung eines Monopols

Die Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien

Am 31. März 1891 wurde im Botanischen Garten in Schöneberg bei Berlin die "Botanische Zentralstelle für die deutschen Kolonien" eingerichtet . Sie hatte drei wesentliche Aufgaben zu erfüllen:

  1. Wissen über die Nutzpflanzen in den Kolonien sollte gesammelt werden,
  2. Farmer in den Kolonien sollten über den Anbau, die Sorten und die Pflanzenkrankheiten informiert werden,
  3. Betriebe in Deutschland sollten über die industriellen Nutzungsmöglichkeiten der landwirtschaftlichen Produkte aus den Kolonien beraten werden.
Außerdem testete man in der Zentralstelle die aus den Kolonien eingesandten Nutzpflanzen und verteilte geprüftes Pflanzgut über Versuchsstationen in den Kolonien. Vor der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze kann man zwar kaum von wissenschaftlicher Züchtungsarbeit sprechen, das was man aber nun in Berlin begann, war der Anfang davon.

Alkoholmaterial von Nutzpflanzen, 1896-1907, BGBM, Sammlungen
In der Ausstellung zu sehen ist unter anderem ein tischgroßes Modell der Regierungsplantage in Viktoria (heute Limbe, Kamerun) aus dem Jahr 1896. Es dokumentiert das außergewöhnliche kolonialpolitische und -wirtschaftliche Engagement der von Engler geleiteten Institution.

Auch Expeditionen in andere tropische Länder wurden geplant und gefördert. Ziel war es hier, die Monopolstellungen, etwa bei Perubalsam, zu brechen. Dadurch sollte die Landwirtschaft in den deutschen Kolonien profitabler und das Deutsche Reich von Rohstoffimporten weniger abhängig werden. In diesem Monopoly waren Engler und seine Mitarbeiter "global players", die teils in Konkurrenz, teils in Zusammenarbeit mit den viel bedeutenderen und älteren Institutionen in England und Frankreich standen.

Den Nutzpflanzentransfer von einem Kontinent zum anderen zu fördern, war ebenfalls Aufgabe der Zentralstelle. Kautschukpflanzen aus San Salvador wurden nach Deutsch-Samoa versandt, Vanille aus Mittelamerika nach Deutsch-Ostafrika, Ölpalmen aus Kamerun nach Samoa. Man erforschte Kakaoschädlinge, die Krankheiten des Kaffeestrauchs und parasitische Pilze auf den tropischen Nutzpflanzen.
Pflanzenzugangsbuch, 1901, BGBM, Archiv

Bis 1907 wurde die stattliche Menge von 16.500 Pflanzen aus Berlin in die tropischen Anbaugebiete gebracht. Auch die Ausbildung von Gärtnern für den Dienst in den Kolonien war eine der Aufgaben der "Zentralstelle". Wenn sie dann ihren Dienst in den Kolonien antraten, wurden sie gebeten, für den Botanischen Garten in Berlin Pflanzen zu sammeln und einzusenden.

So kam eine unendliche Menge von lebenden und getrockneten Pflanzen nach Berlin und wurde von Engler und seinen Mitarbeitern wissenschaftlich bearbeitet. Der Wissenschaft noch unbekannte Arten wurden analysiert und erstmals beschrieben. So kam es, daß die reichsten botanischen Sammlungen aus den deutschen Kolonien unter dem Dach des Königlichen Botanischen Museums vereinigt und in überraschend kurzer Zeit in den von Engler gegründeten "Botanischen Jahrbüchern für Systematik, Pflanzengeschichte und Pflanzengeographie", sowie im "Notizblatt des Botanischen Gartens und Museums zu Berlin" veröffentlicht wurden.

Die Zentralstelle begann ihre vielfältigen Aufgaben in Schöneberg und setzte sie in Dahlem fort. Sie hatte nur kurzen Bestand. Als das Deutsche Reich im Frieden von Versailles alle Kolonien den Alliierten übergeben hatte, schloß man auch die Zentralstelle - trotz heftiger Proteste Englers.

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© Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin
Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 18. August 2010
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