Wem
ist wohl bewusst, dass er beim morgendlichen Apfel nicht in eine vermeintliche
Frucht, sondern in einen aufgewölbten Blütenboden beißt. Allerdings
ist dieser zur Fruchtreife fleischig, saftig und süß geworden (s.
Vitrine Blütenpflanzen Früchte). Der Blütenboden umwächst
die 5 Fruchtblätter vollständig und so weit, dass nur ein kurzer Teil
der Griffel mit den Narben herausragt. Die Wände der Fruchtblätter
werden pergamentartig und bilden in ihrer Gesamtheit das Kerngehäuse. Da,
wo für den Botaniker die eigentliche Frucht beginnt, fängt für
den Apfelkonsumenten der meist verschmähte „Griebs“ an.
Bis
vor kurzem war man der Meinung, dass Kultur-Äpfel des Ergebnis von Bastardierungen
kaukasischer und westasiatischer Äpfel sind. Ende der 90er Jahre unternahmen
Wissenschaftler der Universität Oxford (UK) eine Expedition nach Mittelasien
und stießen in einem nördlichen Ausläufer des Tienschan in fast
noch ursprünglichen Wäldern auf Apfelbäume, deren Früchte
in Größe und Geschmack denen unserer Kultursorten erstaunlich ähnlich
sind. Die Molekularanalyse erbrachte den überraschenden Beweis, dass die
modernen Äpfel in den untersuchten Markern völlig den in Kasachstan
gesammelten Äpfeln M. sieversii entsprechen.
Als die Menschen begannen, große Wanderungen zu unternehmen, spielten
sie eine Rolle bei der Verbreitung des Apfels. Kultursortenähnliche Formen,
die bei archäologischen Ausgrabungen entlang antiker Handelsstraßen
und Wanderwege wie der Seidenstraße gefunden wurden, belegen diese Annahme.
In den Satteltaschen der Reittiere gelangten die Früchte vor ca. 5000 Jahren
nach Westen. Hier ist die Wiege einer unüberschaubaren Zahl von Sorten.
Die alten Hochkulturen des Zweistromlandes besaßen in den Bergen gepflegte
Apfelplantagen, das belegen 5000 Jahre alte Keilschrifttexte aus Babylonien.
Der Apfelbaum hieß damals „Gisch Haschtur“. Es ist fraglich,
ob der Apfel im alten Griechenland kultiviert wurde. Die „goldenen Äpfel“,
die Äpfel der Hesperiden in den Sagen des klassischen Altertums, könnten
auch Quitten oder Bitterorangen gewesen zu sein.
Der
Apfelbaum Malus sieversii gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae).
Die Gattung Malus umfasst ca. 55 Arten, alle Holzgewächse, die in Europa,
Asien und Nordamerika verbreitet sind. Die großen Blüten werden an
den Kurztrieben des alten Holzes gebildet. Sie stehen in doldenartigen Blütenständen.
Die Endblüte oder „Königsblüte“ ist deutlich bevorzugt.
5 kurze dreieckige Kelchblätter umgeben die 5 weiß-rosa Kronblätter.
Sie sind genagelt, d.h. sie verjüngen sich am Grund zu einem Stiel. Die
15-20 Staubblätter mit den gelben Staubbeuteln heben sich kontrastreich
von den weißen Kronblättern ab. Meist übernehmen Bienen die
Bestäubung.
Die 3-5 Griffel des unterständigen Fruchtknotens enden in scheibenförmigen
Narben. Die 5 Fruchtblätter sind miteinander verwachsen, ihre Wände
werden pergamentartig und bilden in ihrer Gesamtheit das Kerngehäuse. Als
„Griebs“ wird es beim Apfelessen meist verschmäht. Zur Fruchtreife,
die von Juli bis Oktober währen kann, entwickeln sich in den 5 Fruchtkammern
jeweils zwei dunkelbraune glatte Samen, die Apfelkerne. Der Blütenbecher
wird zum mächtigen, fleischigen, zuckerreichen und saftigen Apfel.
Der Blütenstiel erstarkt zu einem kräftigen Fruchtstiel und die 5
grünen Kelchblätter, mitunter auch Reste von Staubblättern bleiben
am oberen Ende des Apfels in einer kleinen Grube als graue vertrocknete Blättchen
erhalten.
Neben
Rohgenuß werden Äpfel zu Mus, Gelee, Most und Wein oder im Kuchen
verarbeitet, auch in Ringe geschnitten und getrocknet. Die Weltproduktion betrug
Ende des vorigen Jahrhunderts 41 Mill. t.
An apple a day keeps the
doctor away
Das alte englische Sprichwort bringt es auf den Punkt. Regelmäßig
gegessen steigern Äpfel unser Wohlbefinden und halten den Arzt fern.
In der Tat ist kaum eine andere Frucht so gesund. Auch wer sie kiloweise ißt,
schädigt sich nicht. Im Gegenteil – in einem Apfel schlummern 300
verschiedene Inhaltsstoffe.
Ein mittelgroßer Apfel hat nur 50 Kalorien. Er enthält wenig Fett
und fast kein Eiweiß. Rund 85 Prozent Wasser machen ihn zu einem idealen
Durstlöscher. Seine leicht verdaulichen Kohlenhydrate in Form von Traubenzuckern
sorgen bei Müdigkeit und Konzentrationsschwäche für schnelle
Energie.
Roh und ungeschält kann ein Apfel noch mehr, denn 70 Prozent der wertvollen
Stoffe stecken in der Schale und unmittelbar darunter. Er versorgt uns mit
mehr als zwanzig Mineralstoffen und Spurenelementen. Dazu zählen insbesondere
Kalium, Natrium, Eisen, Kalzium und Phosphor. Während Kalium und Natrium
Blutdruck und Körperflüssigkeit im Gleichgewicht halten, ist Eisen
für die Blutbildung unentbehrlich. Phosphor und Kalzium kräftigen
Knochen und Zähne.
Direkt in der Schale verbergen sich lebenswichtige Vitamine. Besonders vitaminreich
sind säuerliche Sorten. Bereits ein Boskoop enthält ein Viertel
des täglichen Bedarfes an Vitamin C. Es steigert die körpereigenen
Abwehrkräfte und schützt wie Vitamin E die Zellen. Die B-Vitamine
1, 2 und 6 stärken Haut, Haare und Nerven. ß-Carotin wird im Körper
zu Vitamin A umgewandelt und verschafft uns einen guten Durchblick.
Farbstoffe lassen den Apfel nicht nur bunt erscheinen. Zusammen mit anderen
Apfelstoffen beugen sie Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor und mindern das Krebsrisiko.
Sie verbessern zudem die Drüsenfunktionen und den Zellstoffwechsel. Unschlagbar
ist der Apfel wegen seiner Ballaststoffe. Ihr Anteil ist außergewöhnlich
hoch. Ein Apfel enthält bis zu 2,3 g Pektin. Dieser Ballaststoff sättigt
wohltuend, senkt den Cholesterinspiegel, reguliert den Blutzucker und hilft
bei der Verdauung. Darüber hinaus nimmt er schädliche Bakterien
und Giftstoffe wie ein Schwamm auf. Die Wirkung des Pektins wird durch Fruchtsäuren
unterstützt.
An vielen Orten unseres Körpers wirkt ein Apfel wahre Wunder und nebenbei
schmeckt er auch noch gut. So gibt es eigentlich keinen Grund, keine Äpfel
zu essen.
An
apple a day keeps the doctor away
Apfelbaum Malus sieversii (Malus domestica)