Die größte Blume der Welt hat sich am Mittag des 30. April 2009 im Botanischen Garten Berlin-Dahlem begonnen zu öffnen. Die gigantische Blume der Titanenwurz (Amorphophallus titanum) ist eine der spektakulärsten Erscheinungen in der Pflanzenwelt und eine große Seltenheit. Das eigentliche Blütenspektakel dauert nur drei Tage (30. April bis 2. Mai 2009).
Bild der Webcam vom 30.04.2009,
16:15 Uhr:
Vom 27. April bis 10. Mai 2009 konnte die Titanenwurz mittels einer Webcam live betrachtet werden. Zeitrafferaufnahmen verdeutlichen die Bewegungen der Pflanze im Verlauf der drei Blühtage. Die Titanenwurz ist ab dem 11. Mai 2009 von ihrem zwischenzeitlichen Standort (im Begoniengewächshaus) in ein nicht öffentlich zugängliches Anzuchtgewächshaus umgezogen. Dort findet die Pflanze bessere Kulturbedingungen vor: Im öffentlichen Begonienhaus ist es für die indonesische Seltenheit zu kühl und zu trocken.
Verfolgen Sie die Blütenstandentwicklung im Zeitraffer:
Der 1. Tag (30.04.2009, ca. 8 bis 20 Uhr) hier >>>
Der 2. Tag (01.05.2009, ca. 5 bis 21 Uhr) hier >>>
Der 3. Tag (02.05.2009, ca. 5 bis 20 Uhr) hier >>>
Alle drei Tage (als Flash-Video) hier >>>
Aktuelle wissenschaftliche Dokumentation des Blütenereignis: Insbesondere am ersten Tag der Blüte (30.04.2009) und der Nacht erfolgten Experimente und Messungen in der Nähe der Titanenwurz. Diese sind vor Ort und teilweise auch über die Webcam zu sehen. Es wird die Wärmeentwicklung der Pflanze während der Blütezeit (thermographische Aufnahmen) und die Duftentwicklung untersucht (Gasstoffwechselmessungen, Duftaufnahme). Wir bitten um Ihr Verständnis, dass aus diesem Grunde die freie Sicht auf die Titanenwurz nicht durchgehend gegeben ist. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden in Kürze hier vorgestellt, einen ersten kleinen Zwischenstand finden Sie hier>>>.
Die größte Blume der Welt aus Indonesien
Erstmals in Berlin hat die Titanenwurz (Amorphophallus titanum) im April 2009 eine Blütenstandsknospe ausgebildet. Die gigantische Blume des Titanenwurz ist eine der spektakulärsten Erscheinungen in der Pflanzenwelt und eine große Seltenheit.
Amorphophallus titanum ist eine mehrjährige Pflanze aus der Familie der Aronstabgewächse. Sie bildet eine unterirdische Knolle aus, die über 100 kg Gewicht erreichen kann. Erst nach mehreren Jahren kann aus der Knolle ein Blütenstand mit einer Größe von bis zu drei Metern hervorgehen. Nach dem Guinness Buch der Rekorde ist es die größte Blume der Welt (Rekord bei 2,94 Meter, Wilhelma Stuttgart 2005). Die Pflanze wurde in Sumatra (Indonesien) vom italienischen Botaniker Odoardo Beccari 1878 entdeckt. Sie ist in der Natur stark gefährdet.
Was wird während der Blütezeit zu sehen und zu riechen
sein?
Das eigentliche Blütenspektakel dauert nur drei Tage: Die
Pflanze ist ein Nachtblüher und im Laufe eines Nachmittags
wird sich ein großes Hochblatt (Spatha) öffnen, welches den
großen Kolben (Spadix), einem hochfliegenden Rock gleichend,
umgibt. Die Titanenwurz gibt besonders am ersten Blühtag
bzw. der ersten Blühnacht einen intensiven Aasgeruch ab. Im
Laufe des zweiten Blühtages wird sich das Hochblatt
voraussichtlich ganz langsam schließen. Im Laufe des dritten
Tages ist das botanische Schauspiel vorüber: Der Blütenstand
beginnt zu welken und der Kolben knickt um.
Genaue Voraussage der Blütenöffnung
Die genaue Vorhersage, wann sich der Blütenstand entfaltet
und die Blüten öffnen, ist sehr schwierig und meist erst am
Morgen des Blühtages möglich. Da die Titanenwurz in dieser
Phase sehr empfindlich ist, bleibt es bis zur letzten Minute
ungewiss, ob sich der Blütenstand wirklich öffnet. Es wird
also für Botaniker, Gärtner und Besucher sehr spannend. Beim
Berliner Titanenwurz wird bislang vermutet, dass eine
Blütenstandsöffnung Anfang Mai erfolgen kann.
Übler Geruch nach Aas
Mittels Aasgeruch werden in der Natur Fliegen durch ein
Täuschungsmanöver in den Blütenstand gelockt, die für ihre
Eiablage einen verwesenden Tierkadaver suchen. Im
Blütenstand des Titanenwurz finden die Fliegen keinen
geeigneten Brutplatz – aber sie bestäuben bei ihrem Besuch
die Blüten. Während der ersten Nacht öffnen sich die
weiblichen Blüten, erst in der zweiten Nacht öffnen sich die
männlichen Blüten und geben Pollen ab. Damit der
Geruchslockstoff besonders gut verströmt, erhöht die Pflanze
die Temperatur im Kolben gegenüber der Umgebung und der
Blütenstand gleicht einer Geruchsfackel. Während der ersten
Nacht ist der Geruch am intensivsten.
Schwierige Kultur
Die Pflanze, die jetzt einen Blütenstand hervorbringt,
stammt aus einer Nachzucht des Palmengartens Frankfurt von
2003 und geht auf eine am 11.5.1992 in Indonesien, Sumatra,
in der Nähe von Padang gesammelte Wildherkunft zurück. Die
Knolle wog beim Umtopfen am 9.7.2007 4,7 kg und am
05.11.2008 11,95 kg. Die
Kultur der Titanenwurz ist sehr schwierig und somit ein
Blütenstand ausgesprochen bemerkenswert.
Was wird nach der Blütezeit zu sehen sein?
Sofern der Blütenstand unter Kulturbedingungen nicht
bestäubt wurde, so lebt die Pflanze weiter. Die Pflanze
entwickelt - nach einer unterschiedlich langen Ruhephase -
nur ein einziges großes Laubblatt, welches jedoch mehrere
Meter Höhe erreichen kann und einem kleinen Baum ähnelt.
Nach bis zu 24 Monaten wird das Blatt eingezogen und die
Knolle macht eine Ruhepause, bevor sie erneut ein Laubblatt
oder nach mehreren Jahren auch einen neuen Blütenstand
austreibt.
Werden jedoch nach künstlicher Bestäubung orangerote
Beerenfrüchte ausgebildet (Reife erst nach ca. 8 Monaten),
so sterben die Pflanzen danach häufig ab.
Das Laubblatt
Ein weiteres Exemplar der Art Amorphophallus titanum
(anderer Herkunft) zeigte am 13.06.2006 im Botanischen
Garten Berlin folgendes Laubblatt:
Nur ein einziges Laubblatt wird entwickelt (Pflanze in der Mitte des Bildes). | Der Blattstiel ist mit weißen Flecken besetzt - diese täuschen Flechtenbewuchs vor. |
Die Blattspreite ist mehrfach geteilt, so dass das Blatt wie eine kleine Baumkrone erscheinen kann. |
Die Knolle:
Die jetzt einen Blütenstand hervorbringende Pflanze
wurde am 5. November 2008 umgetopft und dabei gewogen.
Gegenüber dem Vorjahr hat die Knolle ihr Gewicht mehr als
Verdoppelt ( 9.7.2007 4,7 kg und am 05.11.2008 11,95 kg).
Die Knolle auf der Waage. | |
Zum Größenvergleich eine 1- Pfennig-Münze links auf der Knolle. | Vor dem erneuten Eintopfen. |
Das Wachstum des Blütenstandes:
Bis zum 17. April 2009: Die Blütenstandsknospe ähnelte sehr einer Blattknospe und wurde nicht als Blütenknospe erkannt.
17. April 2009 - 75 cm: Die äußeren Hüllblätter fingen gerade an sich an der Spitze zu öffnen.
21. April 2009 - 97 cm |
22. April 2009 |
23. April 2009 - 1,06 Meter groß | 24. April 2009 - 1,12 Meter groß |
24. April 2009 - 1,12 Meter groß | 25. April 2009 |
25. April 2009 | |
25. April 2009 - 1,15 Meter groß | 26. April 2009 - 1,19 Meter groß, breiteste Stelle 67 cm |
27. April 2009 - 1,22 Meter groß, breiteste Stelle 70 cm | 28. April 2009 - 1,28 Meter groß, breiteste Stelle 75 cm |
28. April 2009 - die kurze Sprossachse unterhalb des Blütenstandes wird sichtbar | 29. April 2009 - 1,27 Meter groß, breiteste Stelle 83 cm, das Hochblatt liegt noch am Kolben an |
30. April 2009 - 1,31 Meter groß, innerhalb weniger Stunden löst sich das Hochblatt vom Kolben und entfaltet sich, ein Aasgeruch entweicht | |
30. April 2009 - 16.15 Uhr, Bild der Webcam | 01. Mai 2009 - am Abend, das Hochblatt hat sich langsam geschlossen |
01. Mai 2009 - am Abend | 01. Mai 2009 - am Abend |
01. Mai 2009 - am Abend | 01. Mai 2009 - am Abend |
02. Mai 2009 - 12.47 Uhr | 02. Mai 2009 |
02. Mai 2009 - 16.09 Uhr, der Kolben schrumpft weiter | 02. Mai 2009 |
02. Mai 2009 - 16.20 Uhr, der Kolben neigt sich weiter | 02. Mai 2009 - 16.59 Uhr, kurz vor dem Zusammenbruch |
02. Mai 2009 - 17.03 Uhr | 02. Mai 2009 - 17.04 Uhr |
02. Mai 2009 - 17.04 Uhr | 02. Mai 2009 - 17.04 Uhr |
02. Mai 2009 - 17.04 Uhr | 02. Mai 2009 - 17.05 Uhr |
02. Mai 2009 - 17.05 Uhr | 02. Mai 2009 - 17.05 Uhr |
02. Mai 2009 - 17.06 Uhr | 02. Mai 2009 - 17.21 Uhr |
02. Mai 2009 - der hängende Kolben |
Gärtnerische Pflege
Die Titanenwurz wird täglich durch die Gärtner gepflegt
und dokumentiert: Mehrmals am Tag wird mit kalkfreiem
Weichwasser gewässert, da die
Pflanze während
der Blütenstandsentwicklung sehr viel Wasser braucht.
Die Größe des Blütenstandes wird vermessen, denn anhand des
täglichen Zuwachses lässt sich der Entwicklungszustand und
der Zeitpunkt der Blütenstandsöffnung vage abschätzen.
Täglich einmal wird die Temperatur im Gewächshaus gemessen
(zwischen 21° und 26° Celsius). Dreimal täglich wird die
Luftfeuchtigkeit dokumentiert (zwischen 50 und 85 %). Aus
Erfahrungswerten ist eine stabile Temperatur von 28° Celsius
und eine Luftfeuchtigkeit von 80 % günstig für eine
Blütenstandsentwicklung der Titanenwurz, sowie die
Vermeidung von Zugluft. Leider sind derartige
Kulturbedingungen aktuell im Botanischen Garten Berlin nicht
optimal zu realisieren (Das für die derartige Kultur am
Besten geeignete Victoriagewächshaus ist durch Baumaßnahmen
seit August 2006 nicht betriebsfähig und steht leider nicht
zur Verfügung). Täglich wird der Blütenstand fotografisch
dokumentiert.
Blume und Blüte
Biologisch betrachtet handelt es sich beim Titanenwurz nicht
um die größte Blüte der Welt sondern um die größte Blume der
Welt. Die Blüten des Titanenwurz sind selber recht klein,
doch sind mehrere hunderte männliche und weibliche Blüten
sind in einem großen kolbenförmigen Blütenstand angeordnet.
Dieser Blütenstand wird blütenökologisch insgesamt als Blume
bezeichnet.
Mehr Informationen zur Titanenwurz:
Standort der Titanenwurz im Botanischen Garten: aktuell in einem nicht zugänglichen Anzuchtgewächshaus, welches der Pflanze die optimalen klimatischen Bedingungen bietet (während der Blütezeit öffentlich im Begonienhaus, Gewächshaus B)
Bericht im rbb Fernsehen, Berliner Abendschau,
Sendung vom 24.04.2009
(Am Ende der Sendung, Beginn des Berichts bei 27:45 min)
Wissenswertes zur Kultivierung der Titanenwurz
Lobin, W., Neumann, M., Radscheit, M. & W. Barthlott
(2007): The cultivation of Titan Arum (Amorphophallus
titanum) – A flagship species for Botanic Gardens.
Sibbaldia 5: 69-86.
Link zu Titanenwurz-Informationen der Botanischen Gärten
Bonn
hier>>>