Mittelmeer-Urlaubern ist sie gut bekannt, denn in dieser Region ist sie eine der
häufigsten Zierpflanzen. Aber sie ist keine gebürtige Europäerin;
ihre Heimat ist Mexiko. Doch schon seit über 400 Jahren fühlt sie sich
in den wärmeren Gegenden der Alten Welt so wohl, daß sie dort sogar
schon verwilderte. Bereits im Jahre 1712 blühte ein sensationelles Exemplar
in unserer Region: 4612 Einzelblüten auf einem neun Meter hohen Schaft zählte
man seinerzeit im Schloßgarten von Köpenick.
Sicher waren es die kronleuchterartig angeordneten gelbgrünen Blüten
auf dem bis zu 9 Meter hohen Blütenschaft, die ihr den vornehmen Namen
einbrachten: "Die Edle" oder "Die Stattliche" heißt
sie; im griechischen Original "agaue". Die Agave bildet mächtige
grundständige Blattrosetten, die in ihrer Heimat vielfältige
Verwendung fanden: Die dickfleischigen Blätter wurden gegessen, auch zum
Dachdecken fand man sie geeignet; aus den Seiten- und Enddornen der Blätter
wurden Nägel und Pfeilspitzen hergestellt. Die Blütenschäfte
blieben ebenfalls nicht ungenutzt; aus ihnen machte man Lanzenstangen.
Wie wär's mit einem Gläschen Tequila? Die materielle
Grundlage dieses geistigen Getränks ist ebenfalls eine der 300 Arten dieser
Pflanzengattung. Längeren Bestand als die berauschende Wirkung des
Produkts einer sogenannten "Schnapsagave" hat das Produkt von
Agave
sisalana. Nach dem Waschen, Schlagen, Trocknen und Bürsten wird daraus
eine äußerst strapazierfähige Faser: Sisal eben.
Agaven lassen sich Zeit mit der Blütenbildung. Je nach Art und
Lebensbedingungen kann es wenige Jahre, aber auch viele Jahrzehnte dauern, bis
sie ihre Pracht entfalten. Eines unserer Exemplare, eine
Agave americana,
blühte 1995 nach 60 Jahren zum ersten Mal. Direkt am Hauptweg des
Botanischen Gartens gelegen, ist sie auf ihrem über sechs Meter hohen Blütenschaft
weithin sichtbar gewesen. Allerdings ist diese Schönheit von begrenzter
Dauer und absolut einmalig. So groß ist der Kräfteverzehr beim Blühen,
daß die Pflanze anschließend stirbt. Deshalb blüht sie nur
einmal im Leben.
Text: S. Weiss]