Im ganzen Mittelmeergebiet, in Vorderasien und im westlichen Himalaja
begegnet man an wind- und strahlungsexponierten, felsigen und trockenen
Standorten einer Pflanzenformation, die aus polsterförmig wachsenden, mehr
oder weniger stark dornigen Zwergsträuchern und Halbsträuchem besteht.
In der Fachliteratur spricht man von "Xero-Acantheten", was übersetzt
etwa "Trocken-Dorngebüsche" bedeutet. Der im deutschsprachigen
Schrifttum übliche Ausdruck "Igelpolster-Zwergstrauchheiden" ist
jedoch treffender. Das Besondere an den Pflanzenarten ist der Umstand, daß
sie aus ganz unterschiedlichen Pflanzenfamilien stammen. Das hier gezeigte
Dornige Hasenohr gehört zu den Doldenblütlern (Umbelliferae),
und seine Dornen sind nichts anderes als die spitzen, verbalzten Achsen des
stark verzweigten Blütenstandes, wie es die Abbildungen verdeutlichen. Bei
anderen Arten der Igelpolster-Zwergstrauchheiden verdornen z.B. die
Blattspindeln, wie bei vielen der zu den Hülsenfrüchtlern (Leguminosae)
gehörenden Tragantarten. Bei zahlreichen Nelkengewächsen, aber auch
bei gewissen Grasnelkengewächsen (z. B. Acantholimon) enden die
harten Blättchen in scharfen Spitzen, und bei manchen Ginsterarten
verdornen schließlich die Sproßachsen selbst (z.B. bei Erinacea
anthyllis).
Wir haben es hier mit einem besonders schönen Beispiel für die
sogenannte "Lebensformen-Konvergenz" zu tun, nämlich der
Erscheinung, daß sich unter dem Einfluß ähnlicher
Umweltbedingungen nicht näher miteinander verwandte Lebewesen einander
gestaltlich bis zur Verwechslung ähnlich entwickeln.
[Text: H. Ern]