Die Herbstfärbung laubwerfender Gehölze ist eine Folge chemischer
Abbau- und Umlagerungsvorgänge im Blattgewebe.
Die Rotfärbung von einem im Zellsaft gelösten, zuckerhaltigen
Farbstoff (A n t h o z y a n) hevorgerufen, dem auch das "blutfarbige"
Laub von Blutbuchen und Bluthaseln seine Färbung verdankt. Die
Anthozyanbildung wird gefördert, wenn infolge niedriger Nachttemperaturen
der Abtransport der tagsüber durch die Photosynthese gebildeten Zuckermoleküle
aus den Blättern gehemmt ist. Wenn sonnige Tage mit kalten Nächten
abwechseln, erscheinen die schönsten Rotfärbungen, was vor allem in
Nordamerika eindrucksvoll der Fall ist ("Indianersommer" von September
bis Oktober). Viele der dortigen Holzgewächse sind wegen ihrer erblich
bedingten besonderen Neigung zur Ausbildung des Anthozyanrots auch bei uns als
herbstliche Schmuckpflanzen geschätzt, z.B. Rot-Eiche (Quercus rubra),
Rot- und Zucker-Ahorn (Acer rubrum, A. saccharum) oder der Essigbaum (Rhus
typhina).
Die herbstliche Gelbfärbung kommt dadurch zustande, daß vor dem
Laubfall das grüne Chlorophyll abgebaut und seine verwertbaren Anteile in
die überwinternden Sproßachsen verlagert werden, so daß nur
wasserlösliche, gelb oder orange gefärbte Farbstoffe (C a r o t i n o
i d e) übrigbleiben. Namensgebend für diese Farbstoffgruppe, zu der
auch die gelben Xanthophylle gehören, ist die Karotte (Daucus carota),
deren Wurzel reichlich das orangerote Carotin enthält. Gelb werden z.B. die
Blätter von Birke (Betula), Esche (Fraxinus), Linde (Tilia)
und die Nadeln der Goldlärche (Pseudolarix).
Braunfärbung kann durch P h ä o p h y t i n e hervorgerufen
werden, die durch Abspaltung von Atomen aus den Chlorophyllmolekülen
entstehen. Die Bräunung absterbender Laubblätter geht jedoch meistens
auf das dem Zelltod folgende Auftreten brauner P h l o b a p h e n e (oxidierte
Gerbstoffe) zurück, die aus dem Aminosäurestoffwechsel der lebenden
Blattzellen zurückbleiben, z.B. bei Eichen (Quercus) und Buchen (Fagus).
[Text: Th. Raus, 1993]