Nicht nur die Romantiker waren auf Suche nach der blauen Blume".
Als Mitte vorigen Jahrhunderts die Abbildung einer riesigen blauen Seerose,
deren Heimat Australien ist, in England verbreitet wurde, setzte ein eifriger
Wettlauf um den Besitz dieser Aufsehen erregenden Neuheit ein, und den Händlern
wurden große Summen für eine Knolle geboten. Bei der Riesen-Seerose
erreichen die Blüten Superlative. Sie schwimmen nicht wie bei den
heimischen Seerosen auf dem Wasser, sondern erheben sich bis zu einem halben
Meter über dem Wasser. Die himmelblauen, schalenförmigen Blütenblätter
stehen im Kontrast zum dichten Kranz der hellgelben, nach innen gekrümmten
zahlreichen Staubblätter. Die Blüten sind eine Woche zunächst
tagsüber, dann auch nachts, geöffnet. Mit einem Durchmesser von bis zu
30 cm gehören sie zu den größten des Pflanzenreichs.
Die
Gattung der Seerosen ist mit nahezu 40 Arten kosmopolitisch verbreitet. Es sind
ausschließlich Wasser- oder Sumpfpflanzen, die an ihre Lebensweise
hervorragend angepaßt sind. Mit einem dicken Wurzelstock und seilartigen
Wurzeln verankern sie sich im Schlamm. Knospen und Blätter erheben sich an
langen biegsamen Stielen bis zur Wasseroberfläche. Ein spezielles Gewebe
dient der Durchlüftung und Schwimmfähigkeit der untergetauchten
Pflanzenorgane. Die herz- oder schildförmigen Schwimmblätter besitzen
Spaltöffnungen auf der Oberseite und nicht wie bei den meisten Pflanzen auf
der Unterseite. Ein lufthaltiger Samenmantel als Schwimmring ermöglicht den
Samen eine weite Verbreitung. Früher wurden die Samen und Wurzeln auch
gegessen oder zum Färben und Bierbrauen benutzt. Heute werden zahlreiche
Inhaltsstoffe, u.a. Stärke, Tannin, Gallen- und Weinsäure
nachgewiesen.
Seerosen haben die Muster auf dekorativen Friesen im
antiken Griechenland beeinflußt, die zusammengerollten Blätter sollen
sogar die Grundidee zur Gestaltung der ionischen Säulenkapitelle geliefert
haben. Besonders beliebt waren die Umrisse der Blätter bei den Jugendstil-Künstlern.
Der Sage nach entstand die schöne Seerosenblüte aus dem Unglück
einer Nymphe, die an ihrer Eifersucht auf Herakles zerbrach und starb.
[Text: B. Mory]