In den Wäldern Berlins und seiner Umgebung sind mehr als 1.500 Großpilz-Arten zu finden. Vor allem die waldreiche Umgebung bietet dem Pilzfreund zu entsprechender Jahreszeit ein reichhaltiges Angebot an ergiebigen Speisepilzen. Gleichzeitig steigt die Gefahr der Verwechslung mit bisher weniger bekannten Giftpilzen. Zur Vorinformation empfehlen wir dem Neuling wie dem Fortgeschrittenen ein fachlich gutes, modernes Pilzbuch. Eine Auswahl an Literatur liegt in der Pilzberatungsstelle zur Einsicht bereit. Darüberhinaus bemühen wir uns, dem ratsuchenden Bürger eine umfassende, dem neuesten Kenntnisstand entsprechende Information zu vermitteln.
Sammelutensilien / Sammelpraxis
Der am besten geeignete Behälter
ist ein Pilzkorb, da nur hier das Sammelgut luftig aufbewahrt werden kann. In
der Plastiktüte schwitzen die sehr wasserhaltigen Pilze leicht und werden
durch Eiweißzersetzung unbekömmlich. Um der Schimmelbildung
vorzubeugen, sammele man nicht bei nassem Wetter. Mit einem Messer hebe man den
Pilz vorsichtig aus dem Boden oder schneide ihn ab, darauf bedacht, nicht zu
viel Erdreich mit aufzuwühlen. Entstandene Löcher werden wieder
verschlossen, um das Myzel vor Lichteinfall zu schützen. Bekannte Arten
sollten im Walde vorgereinigt und madige Stellen entfernt werden. Erde und Humus
gehören nicht in den Korb. Sand fällt gern in die Röhren und
Lamellen und ist später kaum noch zu entfernen. Unbekannte Arten, die man
zum Kennenlernen oder Bestimmen mitnimmt, müssen getrennt aufbewahrt
werden. Im Gemüsefach des Kühlschranks können sie zur späteren
Begutachtung einige Tage frischgehalten werden. Ein tödlich giftiger Grüner
Knollenblätterpilz, der im Korb zwischen den eßbaren Pilzen liegt,
kann durch Sporenabwurf oder durch Bruchstücke des Fruchtkörpers die
anderen zu Giftpilzen machen! [Foto rechts: Fichten-Steinpilz]
Was sollte stehenbleiben ?
Pilze sind aktiv an der Herstellung des
biologischen Gleichgewichts der Natur beteiligt (Lebensgemeinschaft mit Bäumen,
Humusbildung usw.). Jeder Pilzfreund kann etwas für den Fortbestand der für
die Natur so wichtigen Pilze tun, indem er "seine" Sammelstellen hegt
und pflegt und beim Sammeln nie alles abräumt, sondern sehr junge oder alte
Fruchtkörper stehen läßt. Ein alter, vermadeter Pilz kann noch
Millionen von Sporen abgeben, aus denen dann neues Myzel entsteht. Ferner dient
er als Unterschlupf für zahlreiche Insektenarten. [Foto links:
Speisemorchel]
Pilze und Naturschutz
Da beim Pilzesammeln nur der Fruchtkörper
geerntet wird, die eigentliche Pilzpflanze (Myzel) wegen ihres unterirdischen
Wachstums aber keinen Schaden nimmt, besteht aus Naturschutzgründen keine
zwingende Notwendigkeit eines generellen Sammelverbotes. Dennoch wissen wir
heute, daß auch Pilze zum Teil in ihrem Bestand gefährdet sind und
des Schutzes bedürfen. Jeder ist dazu aufgerufen, seinen Beitrag zu
leisten: maßvoll sammeln, ruhig verhalten, auf andere Pflanzen und Tiere
achten, nichts mutwillig zerstören. Naturschutzgebiete und Schonungen sind
tabu. Man beachte, daß einige Pilzarten (z.B. der Grünling) generell
geschützt sind und überhaupt nicht gesammelt werden dürfen,
andere nur für den privaten Bedarf (Bundesartenschutzverordnung). In
einigen Bundesländern bestehen Sammelbeschränkungen verschiedenster
Art, mit denen man sich an Ort und Stelle vertraut machen sollte.
Pilze und "Umweltgifte"
Das Pilzmyzel besteht aus
einem äußerst feinen Fadengeflecht, welches großflächig
den Erdboden oder das Substrat durchzieht. Es nimmt große Mengen von
Wasser auf, welches für die Fruchtkörperbildung unerläßlich
ist - und damit auch Schadstoffe. Hier ist vor allem das Schwermetall Cadmium zu
nennen. Die Menge der Schadstoffaufnahme ist artspezifisch. Ein weiteres "Umweltgift",
welches seit 1986 von sich reden machte, ist radioaktives Cäsium. Durch
Kernwaffenversuche, vor allem aber den Reaktorunfall in Tschernobyl, gelangten
radioaktive Stoffe in die Atmosphäre und über den Regen in die Waldböden.
Die Boden- und damit auch die Pilzbelastung ist je nach Gegend sehr
unterschiedlich. Berlin und Brandenburg schneiden relativ günstig ab. Daher
liegen hier auch die kritischen Pilzarten (Maronenröhrling) in ihrer
Belastung meist deutlich unter der für Lebensmittel festgesetzten Grenze
von 600 Bq/kg Frischgewicht. Wer im Urlaub, vor allem in südlichen Bundesländern
(Schwarzwald, Bayern), Pilze sammelt, sollte sich am Ort über die Höhe
der Strahlenbelastung informieren.
Übrigens: Weder ein anlaufender Silberlöffel noch eine mitgekochte Zwiebel können Giftpilze entlarven. Auch Schneckenfraß oder Madengänge sind kein Erkennungsmerkmal für Genießbarkeit ! Die einzige Möglichkeit, sich vor Pilzvergiftungen zu schützen, ist, jeden einzelnen Pilz an seinen botanischen Merkmalen genau kennenzulernen!
Pilzverwertung
Das Sammelgut sollte möglichst bald
zubereitet werden, bei sachgemäßer Lagerung (Gemüsefach des Kühlschranks,
im Korb an luftig-kühlem Ort) spätestens am nächsten Tag. Vom
Verzehr roher oder ungenügend erhitzter Pilze ist generell dringend
abzuraten (Ausnahme: gekaufte Kulturchampignons)!
Pilze trocknen:
Zerkleinern, mindestens halbieren - bei ca. 40 Grad Celsius trocknen (elektr. Dörrgerät,
Zentralheizung, Backofen bei halb geöffneter Tür) - danach luftdicht
lagern.
Pilze einfrieren: In Salzwasser (+ Messerspitze Zitronensäurepulver)
einmal kurz aufkochen - abtropfen lassen - schockgefrieren (Haltbarkeit ca. 6
Monate).
[Text: E. Gerhardt]
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