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Traditionell angewendete Antidiabetesmittel ohne nachgewiesene Wirksamkeit (Beet D)
Eine ganze Reihe von Pflanzen enthalten Substanzen, die insulinähnlich
wirken, allerdings erheblich schwächer und unsicherer als das in der
Bauchspeicheldrüse gebildete Insulin. Diese Stoffe heißen
Glukokinine. Zu diesen Pflanzen gehören die Heidelbeere
(genutzt werden die Blätter: Myrtilli folium), die Gartenbohne
(genutzt werden die samenfreien Hülsen: Phaseoli fructus sine semine
oder Phaseoli pericarpium) und die Geißraute (genutzt wird
das blühende Kraut: Galegae officinalis herba). Diese Drogen sind in
wechselnder Mischung in antidiabetischen Tees enthalten, die in fertigen
Packungen unter allen möglichen Namen verkauft werden. Ihre Anwendung
hat praktisch kaum eine Wirkung. Die Glukokinine sind zudem nicht ungefährlich,
denn sie beeinflussen den Zuckerstoffwechsel auf dem Umweg über eine
toxische Einwirkung auf die Leber.
Es würde ein großer Rückschritt sein, wenn wir die
heute auf großer Höhe befindliche Insulin-Diätbehandlung
des Diabetes mellitus durch die Verwendung dieser Drogen einzuschränken
suchten. ...Es ist schon viel Unheil damit angerichtet worden, daß
Diabetiker im Vertrauen auf die Heilkraft dieser Drogen Diät und
Insulin vernachlässigten. ...Es kann nicht eindringlich genug davor
gewarnt werden, sich zu sehr auf die Hilfe antidiabetischer Tees zu
verlassen. Weiß, R.F.: Lehrbuch der Phytotherapie 1991: 171)
Beispiel Heidelbeerblätter: Bei höherer Dosierung oder längerem Gebrauch können chronische Vergiftungen auftreten. Da die Wirksamkeit nicht belegt ist, kann eine therapeutische Anwendung von Heidelbeerblätterzubereitungen wegen der Risiken nicht vertreten werden.
Beispiel Geißrautenkraut: Eine blutzuckersenkende Wirkung des Geißrautenkrautes ist nicht sicher nachgewiesen. Eine therapeutische Anwendung der Droge bei Diabetes mellitus ist angesichts der unsicheren Wirkung, der Schwere der Erkrankung und der therapeutischen Alternativen nicht zu vertreten.
Die Hülsen von Bohnenschalen enthalten Flavonoide, Phaseolin und strukturverwandte Phytoalexine. Bohnenschalen-Tee wirkt schwach harntreibend (Nebenwirkungen sind nicht bekannt, 5-15g pro Tag sind erlaubt). Eine leichte Senkung des Nüchternblutzuckers ist nicht sicher nachgewiesen.
Neben dem Insulin, daß gespritzt werden muß, gibt es heute Mittel, die eingenommen werden können. Diese Sulfonylharnstoffe regen die körpereigene Insulinproduktion an. Eine Abkochung aus der Wurzel des Dornigen Wiesenknopfes (Sarcopoterium spinosum) aus dem östlichen Mittelmeergebiet wird von den Beduinen als Antidiabetesmittel benutzt. Es wird vermutet, daß die Inhaltsstoffe aus der Wurzelrinde (Poterii radicis cortex) in ähnlicher Weise wirken, wie die Sulfonylharnstoffe. Experimentell wurde ein blutzuckersenkender Effekt nachgewiesen.
Etwas ganz anderes als Insulin ist trotz des ähnlichen Namens das Inulin, eine Zuckerart. Durch seinen süßlichen Geschmack wird es benutzt, um die Diät zu erleichtern. Alant (Inula helenium - Beet E2), Artischocke (Cynara scolymus - Beet MD1), Schwarzwurzel (Scorzonera hispanica), Tobinambur (Helianthus annuus) und Löwenzahn (Taraxacum officinale - Beet MD1) z. B. sind Arten, die Inulin als Reservestoff bilden. Man verwendet sie daher gern als Diät-Gemüse denn an der Spitze aller therapeutischen Maßnahmen muß beim Diabetes unbedingt die Diät stehen.
[Text: Ch. Beurton (Quellen: Weiß, R.F.: Lehrbuch der Phytotherapie
7. Auflage 1991 und Monographien der Kommission E beim ehemaligen
Bundesgesundheitsamt.]
Arzneipflanzen gegen Rheumatische Erkrankungen und Nervenschmerzen (Beet R)
Heublumen, Grasblüten (Graminis flos): Heublumen
bestehen aus getrockneten Blüten, Samen, Stengel- und Blattstücken
von Gräsern (Familie: Gramineae oder Poaceae), wobei
ein hoher Anteil von Blütenhüllblättern (Spelzen) wichtig
ist. Von der Lage der Wiese hängt ab, welche Grasarten vertreten
sind. Auf unserem Beet finden Sie eine typische Auswahl von Gräsern.
Der charakteristische Geruch von Heu und Heublumen stammt von Anthoxanthum
odoratum, dem Ruchgras (odoratus bedeutet wohlriechend).
Feuchtheiße Heublumenpackungen sind ein vorzügliches Mittel für die örtliche Wärmebehandlung bei allen rheumatischen Erkrankungen, schmerzhaften Veränderungen der Gelenke, Muskeln oder Sehnen nach Unfällen oder Operationen. Bei akuten Neuralgien dagegen wird Wärme schlecht vertragen. Offene Verletzungen, akute rheumatische Schübe oder akute Entzündungen dürfen nicht vorliegen. In seltenen Fällen können allergische Hautreaktionen auftreten.
Die Wirkung beruht wahrscheinlich vor allem auf einem physikalischen Effekt: Die lokale Erwärmung fördert direkt an der aufgelegten Fläche die Durchblutung. Innere Organe werden über cutico-viscerale Reflexe beeinflußt. Es kommt zu einem erhöhtem Gewebsstoffwechsel, zur Tonusminderung der Muskulatur, die mit einer Elastizitätszunahme des Bindegewebes verbunden ist. Heublumenpackungen halten die Wärme sehr lange und bewirken außerdem durch die ätherischen Öle eine Hautreizung, welche die durch die Wärme erzeugte Durchblutungsförderung noch steigert.
Herstellung eines Heublumensacks: Man füllt einen flachen Leinenbeutel von der Größe der zu behandelnden Fläche etwa 2-3 Finger hoch mit Heublumen und übergießt ihn in einem Topf mit kochendem Wasser. Dann läßt man 10 Minuten, unter Bedeckung des Topfes, ziehen. Der fertige Heublumensack wird vorsichtig ausgedrückt und dann so heiß wie möglich (bei etwa 42°) für 40-50 Minuten direkt auf die zu behandelnde Stelle aufgelegt. Man deckt ihn mit einem Woll- oder Flanelltuch ab, damit er die Wärme gut hält.
Soweit nicht anders verordnet kann ein Heublumensack 1-2mal täglich
angewendet werden. Der Inhalt einer solchen Packung sollte aus
hygienischen Gründen am Besten nur 1mal verwendet werden.
[Text: Ch. Beurton (Quellen: Monographien der Kommission E beim
ehemaligen Bundesgesundheitsamt und Weiß, R. F.: Lehrbuch der
Phytotherapie 7. Auflage 1991)]
Arzneipflanzen in der Diskussion (Beet A)
Pflanzen, deren Inhaltsstoffe in der Krebstherapie genutzt werden oder die auf ihre eventuelle Wirksamkeit überprüft werden:
Erst eine geringe Zahl pflanzlicher Stoffe kann in der Krebstherapie angewendet werden. So die isolierten und teilweise abgewandelten Alkaloide aus den Blättern und Wurzeln von Catharanthus roseus (großes Tropenhaus) und die teilsynthetischen Stoffe Etoposid und Teniposid aus dem Wurzelstock des Maiapfels (Podophyllum peltatum). Sie wirken direkt, indem sie die Zellteilung und somit das Tumorwachstum hemmen. Die einzelnen Substanzen werden jeweils bei bestimmten Tumorarten eingesetzt. Wegen starker Nebenwirkungen können sie nur begrenzte Zeit gegeben werden.
Auch Taxol, aus der Rinde der Kurzblättrigen Eibe (Taxus brevifolia - Beet G2) und den Nadeln der Beeren-Eibe (T. baccata - N1-Randbeet; letzere enthält eine Vorstufe dieser Substanz) hemmt die Zellteilung und scheint trotz hoher Giftigkeit ein aussichtsreiches Mittel in der Krebstherapie zu werden (bisher vor allem bei Mammakarzinomen eingesetzt).
Im Tierversuch wurden zytostatische und unspezifisch immunstimulierende Wirkungen bei der Mistel (Viscum album) nachgewiesen. Lectine und Viscotoxine kommen als Wirkstoffe in Frage. Viscotoxin ist ein Zellgift mit örtlich reizender Wirkung. Eine Anwendung bei Geschwulstkrankheiten darf nur unter ärztlicher Aufsicht mit geeigneten Injektionspräparaten erfolgen. Das Gleiche gilt für eine Anwendung bei chronischen Gelenkerkrankungen (Arthrose). Die Einnahme von Misteltee, Frischpflanzenpreßsaft und Extrakten beugt möglicherweise gegen Arteriosklerose vor (hier sind die Flavonoide von Bedeutung).
Getrocknete Mutterkraut-Blätter und -Blütenstände (Tanacetum parthenium) werden in Deutschland zur Migräneprophylaxe genutzt (Präparate!). In England werden auch frische Blätter roh gegessen als Migränemittel empfohlen.
Die Anwendung von Blütenextrakten des Rot-Klee (Trifolium pratense) gegen Wechseljahrprobleme der Frau wird zur Zeit diskutiert.
[Text: Ch. Beurton 2004 (Quellen: von Kruedener & al. 1993: Arzneipflanzen altbekannt und neu entdeckt; Frohne-Jensen 1998: Systematik]
Arzneipflanzen gegen Überfunktion der Schilddrüse
(Wolfstrapp, Steinsame, Herzgespann)
Zur Therapie der Überfunktion der Schilddrüse werden heute u.a. Substanzen zur Hemmung (bis Blockade) der Schilddrüsenhormonsynthese, sogenannte Thyreostatika, verwendet. Die Entwicklung der Thyreostatika ging vom Weißkohl aus (vgl. Beet MD3). Man hatte beobachtet, daß einseitige Ernährung mit großen Mengen Kohl zu einer Kropfbildung führen kann. Dieser Beobachtung nachgehend, hat man als die kropferregende Substanz das Vinylthio-Oxazolidin erkannt und daraufhin eine ganze Reihe chemisch-synthetischer Substanzen entwickelt, welche zu den modernen Thyreostatika führten. Auch die Extrakte dreier Pflanzenarten, des Europäischen und der Virginischen Wolfstrapp (Lycopus europaeus, Lycopus virginicus) und des Echten Steinsame (Lithospermum officinale) gehören heute zu den antithyreoidalen Medikamenten. Sie wirken zwar weniger stark als die synthetischen Mittel, genügen jedoch vielfach für leichtere Fälle, und sie sind offenbar völlig unschädlich und damit zur Dauerbehandlung einsetzbar. Das Wirkprinzip ist noch nicht vollständig geklärt. Sicher ist aber, daß diese Extrakte als pflanzliche Hormone wirken und daß sie u.a. einen hemmenden Einfluß auf den Jodumsatz und die Thyroxinausschüttung in der Schilddrüse ausüben.
Herzgespann-Extrakte (Leonurus cardiaca) wirken unterstützend. Sie verringern Herzklopfen und Herzbbeschleunigung (vgl. Beet H). Hauptsächlicher Wirkstoff sind hier Bitterstoffglykoside.
Die Wirksamkeit von Blausäureglykosiden in Form von Bittermandelwasser (gewonnen aus den Kernen von Prunus dulcis var. amara) oder Kirschlorbeerwasser (gewonnen aus den Blättern von Prunus laurocerasu, siehe Randbeet 02) ist dagegen nicht bewiesen. Deshalb ist von einer Einnahme dieser leicht giftigen Substanzen abzuraten.
[Text: Dr. Ch. Beurton, 2000 (Quelle. Weiß, F.F., Lehrbuch der Phytotherapie, 7. Auflage 1991)]