Am Nachmittag des 25. August 1768 verließ ein Schiff den Hafen von Plymouth, das eine lange, beschwerliche Fahrt voller Abenteuer vor sich hatte. Unter dem Kommando von Kapitän James Cook segelte die `Endeavour´ dem ersten Ziel ihrer Reise, der jüngst entdeckten Insel Tahiti im Pazifischen Ozean entgegen. Die Lords der Admiralität hatten Cook den Auftrag erteilt, südwärts bis zum 40. Breitengrad zu segeln und die `Terra australis´, den legendären Südkontinent, zu suchen. Wer begleitete Kapitän Cook auf dieser Reise ins Unbekannte? Zur Mannschaft gehörten 71 Matrosen sowie 12 Marinesoldaten; der Astronom Charles Green und der schwerreiche Grundbesitzer Joseph Banks. Der vierundzwanzig Jahre alte Banks hatte eine unstillbare Leidenschaft zu sammeln und zu beobachten. Als Gefolge für die legendäre `Endeavour´-Expedition nahm er sich den schwedischen Botaniker Dr. D. Solander und die beiden Maler S. Parkinson und A. Bouchan mit. Das Unternehmen war reich an Abenteuern, Erfolgen und Mißerfolgen sowie Rückschlägen: so lief die `Endeavour´ in der Nacht vom 10. zum 11. Juni 1770 auf eine Korallenbank im Großen Barrier-Riff. Einen schweren Rückschlag für die ganze Expedition bildete auch der Tod von mehr als einem Drittel der Reisegefährten - unter ihnen beide Maler. Die "Endeavour"-Expedition, eine der großen Leistungen der Seefahrtsgeschichte, in deren Verlauf die Ostküste Australiens entdeckt, kartographisch erfaßt und damit erstmals Bestimmtheit über den fünften Kontinent erzielt werden konnte, fand dennoch am 10. Juli 1771 ihren glücklichen Abschluß.
Der Empfang der Heimkehrenden in London war triumphal, Banks und Solander erhielten ungezählte Einladungen und schlugen Gastgeber und Gäste durch ihre aufregenden Berichte in Bann. Als ein Erfolg galt vor allem auch der reiche Schatz an naturkundlichen Beobachtungen und Objekten - darunter allein 30 382 Exemplare getrockneter Pflanzen, die meisten auf den Gesellschaftsinseln, in Neuseeland und in Australien gesammelt. Eine der ersten Aufgaben Banks´ war es nun, Künstler zu finden, welche die begonnenen Arbeiten fertigstellen konnten; auf der Grundlage der Studien von Parkinson erarbeiteten fünf Maler Pflanzendarstellungen als Vorlage für die Herstellung von Kupferplatten. In den Jahren 1771-1784 waren nicht weniger als 18 Stecher an der Herstellung von 743 Kupferplatten beteiligt, ein Unterfangen, das Banks 7000 Pfund kostete. Solander verfaßte in jahrelanger Arbeit die Pflanzenbeschreibungen, einen Katalog der naturkundlichen Sammlungen, denn die botanischen Ergebnisse der `Endeavour´-Expedition sollten der wissenschaftlichen Gemeinschaft in einem umfangreichen Prachtwerk mit Text und Abbildungen vorgelegt werden. Das groß angelegte Projekt geriet jedoch um 1785 aus verschiedenen Gründen, ins Stocken. So kam es, daß nur etwa drei Sätze von in schwarzer Farbe gedruckten Probeabzügen von den Kupferplatten hergestellt wurden. Ebenso blieben fast alle von Banks und Solander in Katalogen und auf Herbaretiketten gegebenen Bezeichnungen unveröffentlicht und damit unbekannt. Die auf der Weltreise mit der `Endeavour´ entdeckten Pflanzen wurden Jahre später von anderen Botanikern erneut beschrieben und unter gänzlich anderen Namen erstmals publiziert. Als Sir Joseph Banks im Jahre 1820 starb, gelangten die Studien, die fertiggestellten Blätter, die nie verwendeten Kupferplatten, die Probeabzüge und das umfangreiche Herbarmaterial in das Eigentum des British Museum in London.
Im Laufe der Jahrzehnte wurden Dubletten der getrockneten Pflanzen an andere Institutionen abgegeben - so u.a. an das Herbar des Königlichen Botanischen Museums in Schöneberg bei Berlin. Bis heute blieben sie das einzige Originalmaterial von der ersten Cookschen Weltumsegelung, das in die botanischen Sammlungen in Berlin gelangt ist. Fast zwei Jahrhunderte lang hielten die Kupferplatten einen fast ungestörten Dornröschenschlaf. Erst im Jahre 1978 fand die lange Ruhezeit ihr Ende. Der Verlag Alecto Historical Editions in London übernahm es, von allen 738 erhalten gebliebenen Kupferplatten Abzüge herzustellen, und damit ihre schlafende Schönheit zum Leben zu erwecken. Von 1980-1988 war ein Team von Graphikern in London an der Produktion der 110 Sätze des Banks´ Florilegiums beschäftigt. Das Botanische Museum Berlin-Dahlem konnte das in Lieferung erscheinende Werk nach und nach aus Mitteln des Museumsfonds erwerben und ist seit März 1990 die einzige Institution in Mitteleuropa, welche dieses außerordentlich kostspielige und seltene Prachtwerk besitzt. Die in 34 großformatigen Kassetten gelagerten Andrucke werden in einem eigenen Raum im unterirdischen Objektschutzbereich aufbewahrt. Wegen der Lichtempfindlichkeit der Kupferstiche ist an eine dauernde Ausstellung nicht zu denken. Eines dieser Prachtexemplare ist nun bis Dezember 1998 in der
Sonderausstellung zu sehen. Auf Wunsch werden interessierten Besuchern
in der Bibliothek des Botanischen Museums Berlin-Dahlem einzelne
Kupferstiche vorgelegt. |