Zu meinem neunten Geburtstag bekam im Jahre 1958 von meinem Vater den ersten Fotoapparat geschenkt, sodass sich mir der Farbenreichtum auf den Wiesen und Weiden, das Gewimmel in den Gräben und Teichen in neuer Pracht erschloss. Nicht als Pflicht, sondern als Privileg erschien es mir, bäuchlings im Gras zu verharren und an der waterkant nach kleinem Leben zu starren. Das wirkliche Sehen kam erst im Erwachsenenalter; das Erahnen des organischen Zusammenhangs zwischen Pflanze, Tier und Mensch führte dazu, dass ich einschlägige Literatur las bis hin zu anthropologischen Arbeiten. Danach erst begann die harte Praxis: Inwieweit lässt sich das Anpirschen trainieren, ohne dass die Fotografin das kleine Tierleben beunruhigt oder gar zur Flucht veranlasst? Sehr weit. Wenn sie selbst wie ein Käfer oder eine Eidechse durch die Vegetation robbt, wird ihr alles, was sie außer ihrem Fotoapparat sonst noch schleppt, zur fatalen Last – einer Last, die ihr ihre Objekte unerreichbar macht. Weg damit! Der Boden bietet sowieso besseren halt und mehr Stabilität als Stative jeder Art. Doch sind lederne Knieschützer unentbehrlich. Mit einem leichten, alten Spazierstöckchen rückt man Zweige in die richtige Position oder verbindet es mit dem Arm zu einem natürlichen Stativ. Blitzlicht bleibt etwas Künstliches. Es wirkt auf Tiere tatsächlich wie ein Blitz. Weder macht es Sinn, Tiere anzublitzen, noch auf die unnachahmliche Magie natürlichen Lichtes zu verzichten. Ich fange die Insekten nicht, sondern registriere mit ihrer Schönheit zugleich die Schönheit ihrer pflanzlichen Wohnung und Nahrung. Ihr Habitat ist auch das unsrige. Nach frühen Anfängen mit Schmetterlingen und Libellen ging es Jahr für Jahr quer durch Flora und Fauna, aber statt Chaos entstand die Vision von unvermuteten Zusammenhängen, entstand auch ein Archiv von 40.000 Fotografien, die mich müde, aber froh gemacht haben. Mögen Sie als Betrachter meiner Aufnahmen nicht müde, sondern froh werden. <<< zurück |