Georg Schweinfurths Sammlung botanischer Zeichnungen im BGBM Berlin-Dahlem
Georg Schweinfurth, 1836–1925, sah sich in erster Linie als Botaniker und Pflanzengeograf, forschte und publizierte aber auch ausgiebig in Geografie, Ethnologie, Anthropologie und Ägyptologie. Dabei hielt er seine scharfen und umsichtigen Beobachtungen nicht nur in klaren, anschaulichen Texten fest. Er vermochte auch als hervorragender Zeichner die Forschungsobjekte seiner ungewöhnlich breiten wissenschaftlichen Betätigung ebenso ansprechend wie instruktiv abzubilden. Schon zu Lebzeiten überließ Schweinfurth dem Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem seine mehrere Mappen umfassende Sammlung botanischer Zeichnungen. Diese Sammlung überstand die Bombentreffer auf das Museum im 2. Weltkrieg mit starken Löschwasserschäden. Im Rahmen eines vom „Fördererkreis der naturwissenschaftlichen Museen Berlins e.V.“ finanzierten Projektes wurden die 624 erhaltenen Blätter, viele davon in fragilem Zustand, inventarisiert, digitalisiert, wissenschaftlich bearbeitet und hier zugänglich gemacht. |
Georg Schweinfurth in Ägypten, Assuan 1909 – Zeichnung von Maria Ressel |
Schweinfurth zeichnete
auf seinen Reisen mit bloßem Auge und meist auf
gelblich-cremefarbenen Velinpapier ganz
unterschiedlicher Formate. Er benutzte Gänse-
oder Putenfedern und schwarze Tinte, Bleistifte,
Pinsel und Aquarellfarben oder Pastellkreiden.
Vertreten sind so Schwarz-Weiß-Zeichnungen, leicht
getönte Zeichnungen mit farbigen Akzenten,
Aquarelle sowie Kreidezeichnungen. Ästhetisch
ansprechend ergänzen sie anschaulich, die als Herbarbelege getrockneten Pflanzenproben:
„Ich
beschäftige mich daher auch sehr viel mit dem
Analysieren und Zergliedern der Blüten und dem
Abbilden der vergrößerten Organe sowie der ganzen
Pflanzen. Für die Wissenschaft ist diese Arbeit von
der größten Wichtigkeit, da wir natürlich an
getrockneten Exemplaren nicht alles so genau
erkennen können wie an frischen. Eine vollständige
Analyse mit feinen Zeichnungen und 40 Figuren für
eine Art nimmt einen vollen Tag in Anspruch.“ (Guenther
1954) Neben diesen in Mappen gesondert aufbewahrten Zeichnungen gab es eine unbekannte Zahl von Zeichnungen, die direkt auf die Pflanzenbelege seines persönlichen Herbars montiert waren. Der Schweizer Afrikaforscher Alfred Kaiser (1862–1930) bemerkte dazu: „Zu jedem [Herbar-]Exemplar gehört nicht nur eine biographische, oft sogar illustrierte Skizze, sondern auch ein Beiwort über ihre Umwelt, ihre Wechselbeziehungen zu anderen Lebewesen, über ihren praktischen Wert für den Menschen etc.“ (Kaiser 1916) Von diesen Zeichnungen ist in Berlin nichts mehr erhalten, denn Georg Schweinfurths Herbar überstand bis auf wenige Exemplare den 2. Weltkrieg nicht: Es umfasste die für seine Zeit hohe Zahl von über 18 000 eigenen Sammelnummern (Mildbraed 1926), war zu seinen Lebzeiten als separate Sammlung im Botanischen Museum aufgestellt, wurde nach seinem Tod ins Generalherbar inseriert und verbrannte 1943 durch die Bombentreffer auf das Botanische Museum. Einzelne mit Zeichnungen versehene Herbarbelege finden sich aber heute noch unter den Dubletten seiner Herbarbelege, die von ihm großzügig an Spezialisten verteilt, heute in über 40 Herbarien (Stafleu & Cowan 1985) weltweit vertreten sind. Ein Beispiel ist der Beleg (Lectotypus) Schweinfurth 1751 von Gardenia aqualla in Kew. |
Von Schweinfurth verwendetes Velinpapier mit dem Wasserzeichen von J. Whatman 1873. Dracaena cinnabari, Asparagaceae; Jemen, Sokotra, Wadi Kischen, Mai 1881; Nr. 578 |
Schweinfurth zeichnete Pflanzen nicht für eine spätere Darstellung in einem Prachtwerk. Die Zeichnungen bieten Informationen, die so nicht in den Herbarbelegen ersichtlich sind. Dies wird zum einen in der charakteristischen Art der Darstellung, zum anderen in der Auswahl der Objekte deutlich. Oft sind Pflanzenelemente im Detail dargestellt, beschriftet und der Zusammenhang mit Herbarbelegen über Angaben wie Sammelnummer oder Fundort und Datum festgehalten. In den Zeichnungen abgebildet sind insgesamt etwa 320 Arten aus 209 Gattungen und 91 Pflanzenfamilien. Deutlich überproportional vertreten sind Sukkulenten, die sich naturgemäß nur mit mehr oder weniger großen Einschränkungen herbarisieren lassen (ca. 14 Gattungen, darunter mit je 18 Arten besonders zahlreich Aloe und Euphorbia sowie die Salzpflanzengattungen Salsola und Suaeda). Eine weitere Gruppe von Zeichnungen ist, aus ähnlichem Grund, saftigen Früchten einschließlich der von Kulturpflanzen gewidmet (z. B. Citrus, Ficus, Musa, Olea, Cucumis, Prunus, Persea, Solanum). Eine kleinere Anzahl von Zeichnungen zeigt die Vegetation von Wadis und Mangroven. Weiterhin finden sich in der Sammlung Habitusdarstellungen von Krautigen, Sträuchern und Bäumen, einschließlich spezieller Wuchsformen wie „Flaschenbäume“. |
Commiphora kataf, Burseraceae; Sudan, Ras Ranai, März 1965; Nr. 165 |
Schweinfurths Sammlung
botanischer Zeichnungen im BGBM enthält ferner fünf von
ihm selbst aufgenommene Pflanzenfotografien und
schließlich auch 24 Zeichnungen, die nicht von der
Hand Schweinfurths sind: 16 Zeichnungen von Arten
der sudanesischen Küstengebirge, meist vom Jebel
Erkowit werden „Comte Marazzani“ zugeschrieben,
dessen Identität noch nicht geklärt ist. Zwei
anatomische Zeichnungen stammen höchstwahrscheinlich
von G. L. Volkens (1855–1917), je eine Zeichnung ist
von I. B. Balfour (1853–1922), C. G. T. Kotschy
(1813–1866), A. Deflers (1841–1921) und „S. Campesio“
(Tochter von M. Campesio?) aus dem italienischen La
Santa bei Monza. Schweinfurths Pflanzenzeichnungen entstanden meistenteils direkt vor Ort auf seinen Forschungsreisen. Etwas mehr als 50 Zeichnungen dokumentieren kultivierte Pflanzen in öffentlichen und privaten Gärten in Ägypten, Italien (La Mortola), Frankreich (Menton) und Deutschland. Einzelne wenige Zeichnungen wurden nach Pflanzenbelegen in den Herbarien von Berlin und Sankt Petersburg angefertigt. Eine chronologische Zuordnung der datierten Zeichnungen, von denen nur wenige Eingang in Schweinfurth Publikationen fanden, bietet die Zeittafel. |
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Pyrostegia venusta, Bignoniaceae;
Ägypten, Kairo, |
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