Als der greise Georg Schweinfurth (1836-1925) im September 1925 starb und im Botanischen Garten Berlin-Dahlem beigesetzt wurde, "folgten seinem Sarge Botaniker, Geographen, Ethnographen, Anthropologen und Kolonialpolitiker, und alle konnten sagen. Er war unser." Dieser Nachruf übertreibt nicht: außerordentliche Vielseitigkeit war ein Merkmal dieses auch in anderer Hinsicht außergewöhnlichen Forschers und Gelehrten. Das Spektrum seiner Veröffentlichungen reicht von einem Verzeichnis äthiopischer Pflanzennamen bis zu einer Landkarte des südlichen Tunesiens, von Berichten über prähistorische Funde in Ober-Ägypten bis zur Beschreibung von Artefakten zentralafrikanischer Völker. Sein außerordentlicher Fleiß spiegelt sich nicht nur in über 400 Publikationen, sondern auch in sehr umfangreichen Sammlungen, vor allem an getrockneten Pflanzen, wieder. Dazu tritt eine im späten 19. Jahrhundert noch seltene, konsequente Methodik: sie kommt etwa in einer akribisch genauen Dokumentation der Funde zum Ausdruck, die sie gerade dadurch besonders wertvoll macht. Schweinfurth war sich dieser Zusammenhänge voll bewußt; aus Sicherheitsgründen hat er seine Bestände an Dutzende Museen in Europa, Amerika und Afrika verteilt, eine Maßnahme, die sich - denkt man an die weitgehende Zerstörung des Botanischen Museums Berlin-Dahlem, seiner letzten Wirkungsstätte im zweiten Weltkrieg - als sehr klug erwies. Im Jahre 1836 in die Geborgenheit einer reichen deutsch-russischen Familie geboren konnte Schweinfurth ein Leben lang seinen Neigungen und Interessen nachgehen; eine bezahlte Tätigkeit hat er in seinen neunundachtzig Lebensjahren nie übernommen; er ging auch keine persönlichen Bindungen ein und starb als Junggeselle. In den letzten vier Lebensjahrzehnten waren dem Privatgelehrten Räume im sogenannten Steuerhäuschen auf dem Gelände des königlichen Botanischen Gartens in Schöneberg, später im königlichen Botanischen Museum in Dahlem zur Verfügung gestellt worden. Das dritte, vierte und fünfte Lebensjahrzehnt verbrachte Schweinfurth überwiegend auf Reisen in Afrika, Europa und im Nahen Osten. Seine Expeditionen in die Länder am oberen Nil, in deren Verlauf er unter anderem die ersten gesicherten Nachrichten über die dort lebenden Pygmäen lieferte, brachten ihm Bekanntheit, ja Berühmtheit; dazu trug auch sein Reisebericht "Im Herzen von Afrika", Leipzig, 1874 bei, der mehrere Auflagen und Übersetzungen erlebte. Wohnung nahm Schweinfurth in dieser Zeit überwiegend in Kairo. Ägypten stand auch im Mittelpunkt seiner Forschungstätigkeit. Zwar hatte sich Georg Schweinfurth schon in seiner Dissertation mit Pflanzen der Nilländer beschäftigt, doch erst nach seiner Ankunft in Ägypten begann ein Strom von Publikationen über dieses Land zu erscheinen. Es konnte nicht ausbleiben, daß sich Georg Schweinfurth auch mit der Pflanzenwelt des Alten Ägypten zu beschäftigen begann, lebte er doch in jenem Land, in dem laufend Grabungen stattfanden, in jenen Jahren, in denen die Grundlagen der Ägyptologie gelegt wurden. Als frühester Beleg kann "De la flore pharonique" gelten, in Kairo im Jahre 1881 erschienen. Georg Schweinfurths herausragendes Verdienst war es, etwas zu sammeln, zu präparieren und dauerhaft zu konservieren, wofür sich viele Ausgräber nicht interessierten - für pflanzliches Material, das oft in reichlicher Menge gefunden wurde. Die außerordentliche Brüchigkeit vieler pflanzlicher Reste und die starke Konzentration auf die "Große Kunst" mögen der Grund für diese weit verbreitete Mißachtung gewesen sein. So konnte es kommen, daß von zahlreichen Fundorten pflanzliches Material aus altägyptischer Zeit lediglich in den von Schweinfurth angelegten Sammlungen vorhanden ist. Der größte und wertvollste Teil seiner pflanzlichen Grabbeigaben wird heute im Botanischen Museum Berlin-Dahlem aufbewahrt; kein anderes Museum in Europa besitzt eine derart reiche Kollektion und keine andere Sammlung gibt einen so umfassenden Eindruck von der Flora des Alten Ägypten von etwa 3000 v. Chr. bis 300 n. Chr. |
Sammlung der botanischen Zeichnungen von Georg Schweinfurth >>>