Sonderausstellung 2004 - Victoria & Co. in Berlin

Die Biologie der Victoria

Ein ungewöhnliches Blatt | Königliche Pracht | Some like it hot

Vom Igel zur Kuchenform

Keimpflanze der Victoria amazonica.

Wie bei allen Seerosengewächsen unterscheiden sich die ersten Blätter einer Victoria-Pflanze völlig von den späteren kreisrunden Schwimmblättern mit dem charakteristischen aufgebogenen Rand. Das erste Blatt ist fadenförmig, das zweite länglich, das dritte spießförmig mit einer langen Spitze. Das vierte Blatt ist oval im Umriß mit einem tiefen Einschnitt an der Ansatzstelle des Blattstieles. Die vier ersten Blätter haben keine Spaltöffnungen, nur kleine Löcher deren Ränder bräunlichrote Konturen zeigen. Die Unterseite ist purpurrot und gerippt. An den Rippen und am unteren Teil des Blattstiels stehen weiche Stacheln. Während die ersten Blätter nur handgroß sind, werden die folgenden Blätter im Umfang immer größer. Bei einer Aussaat im Winter erreichen die Blätter im Juni ihre endgültige Größe und Form.

Viertes Blatt der Victoria amazonica. Junges Blatt der Victoria amazonica.

Die typischen Blätter einer Victoria entstehen unter Wasser, wo sich die Blatt- und Blütenknospen an einem kurzen, aufrechten Sproß, geschützt von großen Hüllorganen, befinden. Gelangt ein junges Blatt mit seinen kabelartigen Blattstielen an die Wasseroberfläche, ist es wie ein „Igel in Grün“ zusammengerollt. Die bestachelte Blattunterseite zeigt nach oben. Erst beim Schwimmen auf dem Wasserspiegel beginnt es sich auszurollen. Die rötlichen Stacheln tauchen immer mehr in das Wasser ein, bis das Blatt endlich seine volle Größe erreicht hat.

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Der Victoriagärtner schneidet ein ausgewachsenes Blatt von Victoria amazonica.

Innerhalb von 6–8 Tagen wächst aus einem kleinen zusammengerollten Igelblatt ein Schwimmblatt von 2 m Durchmesser heran. Es wurde festgestellt, dass sich die vorhandenen Zellen im Blatt nur ausdehnen und durch Zellteilung keine neuen hinzukommen. Dabei geschieht die „Zelldehnung ohne Zellvermehrung“ ununterbrochen, bei Tag und bei Nacht, jedoch mit ungleicher Geschwindigkeit. Das stärkste Wachstum findet während der Mittagsstunden statt, wenn das Wasser und die Luft am wärmsten sind.

Als Wasserpflanze hat die Victoria mit ihren Schwimmblättern einen großen Vorteil. Ihre winzigen Spaltöffnungen auf der Oberseite der Blätter bleiben an heißen Tagen dauernd geöffnet, denn Wasser steht reichlich zur Verfügung. Die Pflanze betreibt hemmungslos Photosynthese, d.h. der Kohlendioxid der Luft wird aufgenommen, Sauerstoff und Wasserdampf abgegeben. Victoria-Blätter können daher wachsen, wachsen und nochmals wachsen. Die meisten Blütenpflanzen müssen dagegen bei hohen Temperaturen und gleichzeitiger Trockenheit ihre Spaltöffnungen schließen, was ihren gesamten Stoffwechsel drosselt.

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Flächenwachstum von 3 Blättern der Victoria cruziana.

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© Botanischer Garten und Botanisches Museum Berlin-Dahlem, Freie Universität Berlin
Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 08. January 2007
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