Sonderausstellung 2004 - Victoria & Co. in Berlin

Die Biologie der Victoria

Ein ungewöhnliches Blatt | Vom Igel zur Kuchenform | Königliche Pracht |

Some like it hot

Blüte von Victoria amazonica am ersten Tag.

In Amazonien öffnen sich die Blüten der Victoria amazonica beim Einbruch der Dunkelheit, zwischen 17.30 und 18.30 Uhr. In der Dämmerung leuchten die weißen Kronblätter. Die Blüte verströmt einen intensiven Duft, der als eine Mischung aus Butterkeks und Ananas beschrieben wird. Das Innere der Blüte ist dann mehr als 10° C wärmer als die Umgebung.

Blütenfarbe, Duft und Wärme – so viel Verlockungen können sich Käfer aus der Gruppe der Cyclocephalinae, vor allem Cyclocephala hardyi, C. verticalis und C. castanea, nicht entgehen lassen. Sie halten in großen Scharen von 30 Individuen und mehr Einkehr in der Blüte. Nachdem die vom Duft trunkenen Käfer im Blüteninneren angelangt sind, legen sich die Staminodien, Staubblätter und Blütenzapfen nach innen. Damit ist der Rückweg versperrt. Die gefangenen Käfer müssen nicht hungern, denn die Anhängsel der Fruchtblätter (Futterkörper) bieten mit Zucker und Stärke ausreichend Nahrung. In diesem Stadium sind die Narben der Fruchtblätter zum Aufnehmen des von den Käfern mitgebrachten Blütenstaubes bereit. Im Laufe des nächsten Tages öffnet sich die Blüte langsam wieder. Nach und nach entfalten sich die Kronblätter und Staminodien. Aber erst gegen Abend legen sich die Staubblätter zurück und verstäuben ihren Blütenstaub. Die Anhängsel der Fruchtblätter schrumpfen zusammen. Jetzt können die mit neuem Pollen beladenen Besucher die Zwangsherberge verlassen. Die Blüte bietet nun einen ganz anderen Anblick. Die Kronblätter sind leuchtend rosarot gefärbt, und die Blüte duftet nicht mehr. Spätestens am dritten Tage nach dem Aufblühen versinkt sie im Wasser. Die Käfer dagegen werden sofort wieder von der nächsten warmen, duftenden, weißen Blüte angelockt, um den aufgeladenen Pollen auf deren Narben abzuladen.

Temperaturverlauf in einer Victoria-Blüte. Es ist die Temperaturdifferenz zwischen der Umgebungsluft und dem Knospeninneren dargestellt, einmal mit einem Sensor von oben (rot), zum anderen mit einem seitlichen Sensor (schwarz). (Zeit am 18./19. August 2000)

1. Knospe ist noch geschlossen. Futterkörper punktiert.
2. Am ersten Abend Öffnung der Blüte. Käfer gelangen von oben in die zentrale Höhle.
3. Nach der ersten Nacht Schließung der Blüte. Käfer müssen in der Blüte bleiben und ernähren sich von den Futterkörpern.
4. Am zweiten Abend erneute Öffnung der Blüte. Käfer verlassen mit Pollen beladen die Blüte.

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Seitenverantwortliche, Stand (diese Seite): 08. January 2007
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