Ein ungewöhnliches Blatt | Königliche Pracht | Some like it hot Vom Igel zur Kuchenform
Wie bei allen Seerosengewächsen unterscheiden sich
die ersten Blätter einer Victoria-Pflanze völlig von
den späteren kreisrunden Schwimmblättern mit dem
charakteristischen aufgebogenen Rand. Das erste Blatt ist fadenförmig,
das zweite länglich, das dritte spießförmig mit einer
langen Spitze. Das vierte Blatt ist oval im Umriß mit einem
tiefen Einschnitt an der Ansatzstelle des Blattstieles. Die vier
ersten Blätter haben keine Spaltöffnungen, nur kleine Löcher
deren Ränder bräunlichrote Konturen zeigen. Die Unterseite
ist purpurrot und gerippt. An den Rippen und am unteren Teil des
Blattstiels stehen weiche Stacheln. Während die ersten Blätter
nur handgroß sind, werden die folgenden Blätter im Umfang
immer größer. Bei einer Aussaat im Winter erreichen die Blätter
im Juni ihre endgültige Größe und Form.
Die typischen Blätter einer Victoria entstehen unter Wasser, wo sich die Blatt- und Blütenknospen an einem kurzen, aufrechten Sproß, geschützt von großen Hüllorganen, befinden. Gelangt ein junges Blatt mit seinen kabelartigen Blattstielen an die Wasseroberfläche, ist es wie ein Igel in Grün zusammengerollt. Die bestachelte Blattunterseite zeigt nach oben. Erst beim Schwimmen auf dem Wasserspiegel beginnt es sich auszurollen. Die rötlichen Stacheln tauchen immer mehr in das Wasser ein, bis das Blatt endlich seine volle Größe erreicht hat.
Innerhalb von 68 Tagen wächst aus einem
kleinen zusammengerollten Igelblatt ein Schwimmblatt von 2 m
Durchmesser heran. Es wurde festgestellt, dass sich die vorhandenen
Zellen im Blatt nur ausdehnen und durch Zellteilung keine neuen
hinzukommen. Dabei geschieht die Zelldehnung ohne Zellvermehrung
ununterbrochen, bei Tag und bei Nacht, jedoch mit ungleicher
Geschwindigkeit. Das stärkste Wachstum findet während der
Mittagsstunden statt, wenn das Wasser und die Luft am wärmsten
sind. Als Wasserpflanze hat die Victoria mit ihren Schwimmblättern einen großen Vorteil. Ihre winzigen Spaltöffnungen auf der Oberseite der Blätter bleiben an heißen Tagen dauernd geöffnet, denn Wasser steht reichlich zur Verfügung. Die Pflanze betreibt hemmungslos Photosynthese, d.h. der Kohlendioxid der Luft wird aufgenommen, Sauerstoff und Wasserdampf abgegeben. Victoria-Blätter können daher wachsen, wachsen und nochmals wachsen. Die meisten Blütenpflanzen müssen dagegen bei hohen Temperaturen und gleichzeitiger Trockenheit ihre Spaltöffnungen schließen, was ihren gesamten Stoffwechsel drosselt. 7Flächenwachstum von 3 Blättern der Victoria cruziana. |