Wie, wo und wann die ersten Haustiere und Nutzpflanzen entstanden Im Gegensatz zur weit verbreiteten Ansicht sind Nutzpflanzen und Haustiere nicht in urdenklichen Zeiten und an unbekannten Orten entstanden. Sieht man vom Hund, dem allerersten Haustier, ab, begann die Domestikation von Ziege, Schaf, Rind und Schwein erst vor etwa zehn Jahrtausenden und zwar im sogenannten Fruchtbaren Halbmond, einem durch Winterregen begünstigten Gebiet im Nahen Osten. Fast gleichzeitig entstanden hier mit Emmer, Weizen, Gerste, Erbsen, Linsen, Kichererbsen und Lein bis heute sehr wichtige Kulturpflanzen. All dieses hatte unabsehbare Konsequenzen für die im Nahen Osten lebende Bevölkerung. Die Summe der durch Haustiere und Kulturpflanzen hervorgerufenen Veränderungen nennt man neolithische Revolution und meint damit den neuen Lebensstil des Menschen, die Seßhaftigkeit, und die damit verbundenen Konsequenzen. Der gemeinsame Transfer dieser Haustiere und Kulturpflanzen in andere Teile Vorderasiens und von dort nach Europa, Afrika und in entferntere Gebiete der Alten Welt führte zur ersten Globalisierung. Sie fand mit Kolumbus und der First Fleet, die erstmals diese vorderasiatischen Tiere und Pflanzen nach Amerika bzw. Australien brachten, ihren krönenden Abschluß. Für diese Leistungen ist kein Wort zu groß: heute ist der Weizen Weltwirtschaftspflanze Nummer 1, und zwar nicht wegen seiner Produktivität im Nahen Osten, sondern wegen der immensen Erträge, die außerhalb seiner Heimat erzielt werden. Die heute auf allen Kontinenten betriebene Milchwirtschaft auf der Basis von Rindern, Schafen und Ziegen läßt sich auf das Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds zurückführen, ebenso wie die Gewinnung von Schafwolle. Zwar hat sich der Mensch über Millionen von Jahren in erheblichem Umfang von Fleisch und Aas ernährt, ein wichtiges Element der modernen, ebenfalls auf allen Kontinenten betriebenen Fleischwirtschaft sind jene Schweine und Rinder, die in Vorderasien domestiziert wurden. Außerhalb dieses Gebiets nutzte man Haustiere und Kulturpflanzen erstmals im Gebiet der heutigen Staaten Griechenland, Zypern und Ägypten, wo sie die Voraussetzung für die mehrere Jahrtausende später entstehenden Hochkulturen bildeten, von denen die griechische im Mittelpunkt dieser Ausstellung steht. Was aber bedeutet Domestikation? Es ist der bewußte oder unbewußte Eingriff des Menschen in die genetische Vielgestaltigkeit von Tieren und Pflanzen mit dem Ziel der Veränderung in seinem Sinne. Sondert man etwa aus einem Wolfsrudel die Individuen mit wenig aggressivem Verhalten aus und läßt Vermehrung nur unter ihresgleichen zu, erzielt man nach vielen Generationen gezähmte Individuen, die dem Menschen bald als Hunde auf seinen Jagden begleiteten. Im Gegensatz zu Wölfen sind Pflanzen nicht aggressiv, trotzdem spricht man auch hier von Domestikation und meint damit alle jene Veränderungen, welche die einzelnen Arten ertragreicher, schmackhafter oder bei der Ernte bequemer machen. Auch dies sind in der Regel Langzeitvorgänge mit ungeheuren Konsequenzen. So sind die heute bei der Weizenernte verwendete Mähdrescher die direkte Folge des Auftretens von spindelfesten und damit bequem einzusammelnden Weizenähren, die neolithische Siedler vor zehn Jahrtausenden im Gebiet des Fruchtbaren Halbmonds ausgesucht und bevorzugt vermehrt haben. Die in etwa gleichzeitige Domestikation von Haustieren und Nutzpflanzen ermöglichte nicht nur die Ernährung einer größeren Bevölkerung als dies früher der Fall war, sondern es ergaben sich auch mannigfache Ergänzungen: mit Nutzpflanzen konnte man Haustiere füttern, die mit ihren Exkrementen wieder die Anbauflächen der Nutzpflanzen düngten. Die Ursprünge dieser für die Landwirtschaft grundlegenden Kreisläufe liegt wiederum im Nahen Osten. <<< Übersicht | Durch die Ausstellung >>> |